Transparente Besteuerung einer KGaA nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG ist nicht in der Weise auszulegen, dass die Erzielung betrieblicher Kapitaleinkünfte für einen persönlich haftenden Gesellschafter (phG) im Rahmen seiner Beteiligung an der KGaA ausgeschlossen ist. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war in den Jahren 2004 bis 2008 (Streitjahre) persönlich haftender Gesellschafter (phG) einer KGaA, deren Rechtsnachfolgerin die Beigeladene ist. Gemäß Vertrag vom 01. Januar 1999 erhielt er für diese Tätigkeit eine feste Vergütung sowie ‑nach bestimmten Maßgaben‑ eine Beteiligung von 4 % am Gewinn der KGaA ("Gewinnvoraus").

Die Kläger vertraten die Auffassung, die Einkünfte seien teils als nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) steuerpflichtig, teils - bezogen auf Einkünfte aus Tochtergesellschaften der KGaA - als nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG teilweise steuerpflichtig bzw. nach den Schachtelprivilegien des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b DBA-Schweiz 1971/2002 bzw. des Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg steuerfrei und dem Progressionsvorbehalt unterfallend zu behandeln. Über die Höhe der jeweiligen Beträge besteht kein Streit.

Die Ermittlung und Besteuerung der Dividenden aus den ausländischen Tochtergesellschaften erfolgte durch die KGaA in der Weise, dass die Gewinnanteile der Komplementäre nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (KStG) abgespalten wurden und für die KGaA auf den verbleibenden Teil die Steuerfreistellung in Anspruch genommen wurde. Die Zuweisung des Gewinnanteils an die phG aus der Ausschüttung dieser Dividenden erfolgte nach der Maßgabe, diese seien ebenfalls steuerbefreit. Entsprechendes galt für sonstige Dividenden, wobei den phG diese als dem Halbeinkünfteverfahren unterliegend zugeordnet wurden.

Mit ihrer Klage begehrten die Kläger den Ansatz der Einkünfte des Klägers aus seiner Gewinnbeteiligung als phG der KGaA unter Berücksichtigung der Steuerfreistellungen für die "durchgeleiteten" Dividenden gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG und der genannten Schachtelprivilegien.

Die Klage vor dem Finanzgericht München hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Der Senat teilt im Ergebnis die Einschätzung des Finanzgerichts, dass § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht in der Weise auszulegen ist, dass eine Erzielung betrieblicher Kapitaleinkünfte für einen phG im Rahmen seiner Beteiligung an der KGaA ausgeschlossen ist. Dies lässt sich indessen nicht mit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise begründen, sondern folgt bereits aus der Systematik der gesetzlichen Regelungen.

Die Schachtelprivilegien des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b DBA-Schweiz 1971/2002 und des Art. 20 Abs. 2 Satz 3 DBA-Luxemburg 1958/1973 sind auf den phG anzuwenden (Fortführung des BFH-Urteils vom 19. Mai 2010, I R 62/09).

Die Einkünftebestandteile des phG, die auf der Vereinnahmung von Dividenden beruhen, die bei der KGaA nach § 8b KStG von der Besteuerung befreit sind, sind nach dem für die Streitjahre geltenden Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG) teilweise steuerfrei zu belassen.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 01. Juni 2022 (I R 44/18), veröffentlicht am 06. Oktober 2022.

Zum Anfang