Freiwillige Zahlung einer Umsatzsteuer-Vorauszahlung des Vorjahres vor Fälligkeit innerhalb der kurzen Zeit gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum des Dezembers des Vorjahres, die zwar innerhalb des für § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums geleistet, aber wegen einer Dauerfristverlängerung erst danach fällig wird, ist bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung erst im Jahr des Abflusses als Betriebsausgabe zu berücksichtigen (Anschluss an das BFH-Urteil vom 16. Februar 2022, X R 2/21). Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine als Steuerberatungsgesellschaft tätige Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung, die für das Streitjahr 2017 ihren Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.

Am 10. Januar 2018 leistete die Klägerin die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 (Streitjahr). Diese war aufgrund einer der Klägerin gewährten Dauerfristverlängerung gemäß § 18 Abs. 1 Sätze 1 und 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) erst am 10. Februar 2018 fällig.

Mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung für das Streitjahr stellte das Finanzamt die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit fest, ohne die geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres als Betriebsausgabe auf der Gesamthandsebene zu berücksichtigen.

Die Klage vor dem Sächsischen Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Das Finanzgericht hat zu Recht erkannt, dass die am 10. Januar 2018 geleistete Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2017 eine Betriebsausgabe des Jahres 2018 und nicht des Streitjahres ist.

Eine abweichende Zuordnung der Ausgabe zum Streitjahr gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG kommt nicht in Betracht, weil die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember des Streitjahres nicht innerhalb des für eine "kurze Zeit" i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG maßgeblichen Zehn-Tages-Zeitraums fällig war.

Der X. Senat des BFH hat mit Urteil vom 16. Februar 2022, X R 2/21 BStBl 2022 II S. 448, Rz 13 ff., 19 ff., maßgeblich unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 09. Mai 1974, VI R 161/72, BStBl II 1974, 547 entschieden, § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sei als Ausnahmetatbestand zu § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG konzipiert. Für die vom Folgejahr, in dem der Abfluss der Ausgabe stattfinde, abweichende Zuordnung zum vorhergehenden Kalenderjahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit sei erforderlich, dass eine regelmäßig wiederkehrende Ausgabe im Sinne der Regelung nach dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis innerhalb der kurzen Zeit (des Zehn-Tages-Zeitraums) fällig (zahlbar) geworden sei und abfließe.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG sind danach nicht erfüllt, wenn die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Voranmeldungszeitraum Dezember eines Jahres zwar innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums des Folgejahres (hier: bis zum 10. Januar 2018) geleistet wird, wegen einer erteilten Dauerfristverlängerung aber erst nach dessen Ablauf (hier: am 10. Februar 2018) fällig ist.

Gründe, die bei Umsatzsteuer-Vorauszahlungen mit einer Dauerfristverlängerung dafür sprechen könnten, zu einer anderen Auslegung des § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG als im BFH-Urteil vom 16. Februar 2022, X R 2/21 zu kommen, sind angesichts des Normzwecks nicht ersichtlich. Die Regelung soll Zufälligkeiten vermeiden, die bei strikter Anwendung des die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich beherrschenden Zu- und Abflussprinzips entstünden, würde man die Zahlung mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen müssen.

Würde man auf die Fälligkeit der regelmäßig wiederkehrenden Ausgabe innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums verzichten, könnten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für den Voranmeldungszeitraum Dezember, die wegen der beantragten und erteilten Dauerfristverlängerung erst deutlich nach dem Jahreswechsel fällig werden und typischerweise nicht um den Jahreswechsel herum geleistet werden sollen, allein durch eine freiwillige Zahlung vor Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tages-Zeitraums dem Vorjahr zugeordnet werden.

Es würden bei diesem Normverständnis nicht Zufälligkeiten vermieden, die bei der Zuordnung regelmäßig wiederkehrender Ausgaben auftreten können, sondern dem Normzweck zuwiderlaufende Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet, die Ausgabe bewusst dem einen oder dem anderen Veranlagungszeitraum zuordnen zu können.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 21. Juni 2022 (VIII R 25/20), veröffentlicht am 20. Oktober 2022.

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