Rote Karte: EuGH bestätigt Nichtigkeit des Beschlusses der Kommission zu Beihilfemaßnahmen für spanischen Fußballverein

Der vom Europäischen Gericht (EuG) für nichtig erklärte Beschluss der Kommission über eine rechtswidrige staatliche Beihilfe Spaniens zugunsten des FC Valencia hat Bestand. In seinem Urteil vom 10. November 2022 weist der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Rechtsmittel der Kommission zurück. Nach Ansicht des EuGH habe das EuG der Kommission keine übermäßige Beweislast auferlegt. Die in Rede stehenden Unterstützungen in Form von Bürgschaften für Bankdarlehen an eine nahestehende Stiftung, mit dessen Hilfe Aktien des FC Valencia erworben wurden, sind mangels ausreichender Begründung der Kommission rechtens.

Hintergrund

Im Jahr 2009 gewährte das Instituto Valenciano de Finanzas, ein öffentliches Finanzinstitut (kurz: IVF) einer mit dem spanischen Profifußballverein FC Valencia in Verbindung stehenden Stiftung (Fundación Valencia), eine Bürgschaft für ein Bankdarlehen in Höhe von 75 Mio. Euro, mit dessen Hilfe sie 70,6 % der Aktien des FC Valencia erwarb. Im Jahr 2010 stockte das IVF seine Bürgschaft zugunsten der Fundación Valencia um 6 Mio. Euro auf. Zweck dieser Aufstockung der Bürgschaft war eine Erhöhung des bestehenden Darlehens um denselben Betrag mit der Absicht, die Zahlung des Kapitals, der Zinsen und der Kosten der Nichtbezahlung der Zinsen des verbürgten Darlehens am 26. August 2010 zu ermöglichen. Die Kommission hatte bezweifelt, dass das IVF die in Rede stehenden Garantien nach Marktkriterien gewährt hat, insbesondere nachdem sie die finanzielle Situation und die Aussicht auf Bestandsfähigkeit der Unternehmen, die die Kredite im Ergebnis erhalten haben, geprüft hat. Sie stellte daraufhin fest, dass diese Maßnahmen (…) mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen darstellten, und ordnete ihre Rückforderung an. Das EuG gab der Klage statt und erklärte den Beschluss der Kommission für nichtig, indem es entschied, dass die Kommission mehrere offensichtliche Beurteilungsfehler hinsichtlich der vom IVF gewährten Bürgschaft und der 2010 beschlossenen Aufstockung der Bürgschaft begangen habe.

Mit ihrem Rechtsmittel beantragte die Kommission, das Urteil des Europäischen Gerichts aufzuheben. Dafür machte die Kommission einen einzigen Rechtsmittelgrund geltend, mit dem sie eine fehlerhafte Auslegung des Begriffs „wirtschaftlicher Vorteil“ im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV rügt.

Dazu die bekannte Fußballweisheit, zwar nicht auf den Platz gebracht, sondern an dieser Stelle zu Papier gebracht: „Ein Spiel dauert 90 Minuten“; hier ging es in die Verlängerung bevor der EuGH die Partie nun per Urteil beendete.

Entscheidung des EuGH

Der EuGH bestätigt das Urteil des EuG und weist das Rechtsmittel der Kommission zurück. Nach Ansicht des EuGH hat das EuG der Kommission keine übermäßige Beweislast auferlegt und lediglich festgestellt, dass die Kommission die Anforderungen, die sie sich mit dem Erlass der Garantiemitteilung auferlegt hatte, nicht eingehalten hat.

Im Wesentlichen rügt der EuGH die Feststellung zu fehlenden äquivalenten Garantieprämien und bestätigt die Ansicht der Vorinstanz, dass die Kommission insoweit mit der Feststellung, dass auf dem Markt keine äquivalente Garantieprämie angeboten werde, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen habe. Ebenso sei der Wert der im Zuge der Aufstockung der Bürgschaft in 2010 als wertlos eingestuft und aufgrund tatsächlicher Gegebenheiten insofern falsch beurteilt worden.

Die Beweislast und die Sorgfaltspflicht der Kommission waren nicht ausreichend: Die Kommission sei irrigerweise und ungeprüft von der Annahme eines Vorteils ausgegangen, indem sie sich - weil sie nicht über Informationen für eine mögliche gegenteilige Schlussfolgerung verfügt - in Ermangelung anderer Anhaltspunkte für die positive Feststellung eines solchen Vorteils lediglich auf eine negative Vermutung stützte.

Keine Prüfung nach entsprechender Garantieprämie als Vergleichsmaßstab auf den Finanzmärkten: Die Kommission habe, so der EuGH, aus ihrer eigenen Feststellung, wonach der FC Valencia bei der Gewährung der Bürgschaft in Schwierigkeiten gewesen sei, nicht nur abgeleitet, dass sich kein Finanzinstitut zugunsten dieses Vereins verbürgt hätte, sondern auch, dass es keinen vergleichbaren nicht garantierten Kredit geben könne. Infolgedessen konnte die Kommission vor dem EuGH nicht darlegen, dass sie über Informationen von einer gewissen Zuverlässigkeit und Kohärenz verfügte.

Der EuGH fasst die Argumente der Kommission und deren Entkräftung abschließend wie folgt zusammen: Entgegen dem Vorbringen der Kommission hat das EuG der Kommission weder exzessive Sorgfaltspflichten noch eine übermäßige Beweislast auferlegt, sondern lediglich festgestellt, dass sie den Anforderungen, die sie sich selbst auferlegt hatte, nicht nachgekommen ist. Es wurde seitens des EuG nämlich keineswegs verlangt, dass die Kommission Beweise für das Nichtvorliegen ähnlicher Transaktionen auf dem Markt vorlegt, sondern dass sie ihre Feststellung nicht untermauerte und nicht von der Möglichkeiten Gebrauch gemacht hatte, sich während des Verwaltungsverfahrens ausdrücklich an die spanischen Behörden oder die Beteiligten zu wenden, um maßgebliche Gesichtspunkte für die durchzuführende Beurteilung zu erhalten. Es hätte ausgereicht, wenn die Kommission, um den ihr obliegenden Sorgfaltspflichten und ihrer Beweislast nachzukommen, ein solches ausdrückliches Ersuchen gestellt hätte.

Die ausführliche Pressemitteilung Nr. 181/22 des EuGH finden Sie hier.

Fundstelle

EuGH, Urteil vom 10. November 2022 (C‑211/20 P), Kommission / Valencia Club de Fútbol

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