Zufluss ausländischer Honorare und Anrechnung ausländischer Steuern

Der Einbehalt eines Teils des Honorars seitens des Auftraggebers unter Hinweis auf eine Quellensteuerschuld des Auftragnehmers führt bei Gewinnermittlung nach der Einnahme-Überschussrechnung (noch) nicht zu einem Zufluss von Betriebseinnahmen in dieser Höhe beim Auftragnehmer. Ein Zufluss tritt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs nur dann ein, wenn der Auftraggeber diese Steuerschuld insoweit auch tatsächlich begleicht.

Hintergrund

Der Streitfall betrifft die Höhe der steuerlich anzusetzenden Betriebseinnahmen einer Steuerpflichtigen (Klägerin), die als Discjockey im europäischen Ausland tätig war und ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelte. Die vereinbarten Honorare wurden ihr von den ausländischen Auftraggebern nicht vollständig ausgezahlt, sondern zum Teil als Quellensteuer zur Begleichung der im Ausland anfallenden Steuerzahlungen einbehalten. Über einen Teil dieser Steuerzahlungen konnte die Klägerin sogenannte „tax certificates“ vorlegen. Soweit sie das nicht konnte, setzte das Finanzamt die Betriebseinnahmen in ungekürzter Höhe an.

Die Klägerin war der Auffassung, dass bei Ansatz des vollen vereinbarten Honorars als Betriebseinnahme die einbehaltenen Beträge als Betriebsausgaben (BA) berücksichtigt werden müssten. In jedem Fall seien die Beträge, die für die Begleichung ausländischer Steuern einbehalten wurden, auf ihre Einkommensteuer anzurechnen. Das Finanzamt versagte den BA-Abzug im Hinblick auf § 12 Nr. 3 EStG sowie die Anrechnung ausländischer Steuern – soweit nicht „tax certificates“ vorlagen – mangels Erfüllung der Nachweisvoraussetzungen des § 68b Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV). Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg (Urteil vom 18.05.2017, 13 K 13280/14) hatte die Klage als unbegründet abgewiesen. Unter anderem führte das Gericht aus, dass ein Zufluss auch zu bejahen ist, wenn eine Zahlung nicht direkt an den Steuerpflichtigen geleistet wird, sondern für seine Rechnung anderweitig verwendet wird. Die einbehaltenen Honorarbestandteile lies das FG nicht zum Abzug als BA zu, weil Steuern vom Einkommen in § 12 Nr. 3 EStG ausdrücklich als nicht abzugsfähig erklärt seien.

Entscheidung des BFH

Der BFH hielt die Revision für begründet und hat die Sache an das FG zurückverwiesen. Das FG sei, so der BFH, von rechtlich unzutreffenden Maßstäben ausgegangen, soweit es Betriebseinnahmen auch in Höhe jener Honorareinbehalte angesetzt hat, für die ein Nachweis für die Zahlung ausländischer Steuern nicht vorgelegt werden konnte.

Zur Höhe der Betriebseinnahmen, soweit Honorare teilweise einbehalten wurden: Ein Zufluss findet nach Ansicht des BFH auch dann statt, wenn der Zuwendende im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen auf dessen Rechnung an einen Dritten leistet und damit eine Schuld des Steuerpflichtigen tatsächlich tilgt (sog. abgekürzter Zahlungsweg). Die Leistung im abgekürzten Zahlungsweg führt mit Eintritt der schuldbefreienden Wirkung zum Zufluss. Die Feststellungen des FG reichen nicht aus, um die dargelegten Kriterien für den Ansatz einer Einnahme als erfüllt ansehen zu können. Es fehlen insofern belastbare Feststellungen dazu, was zwischen der Klägerin als Gläubigerin und ihren Auftraggebern konkret vereinbart wurde (siehe hierzu die RZ. 24 bis 26 im Urteil).

Der BFH hat in seinem Urteil weitere Aspekte wie folgt näher beleuchtet:

Die Anrechnungshöchstbetragsberechnung nach § 34c Abs. 1 Satz 2 EStG nach Maßgabe des BFH-Urteils vom 18.12.2013 - I R 71/10 (im Anschluss an das EuGH-Urteil C-168/11, "Beker und Beker") begegnet keinen unionsrechtlichen Bedenken und verstößt nicht gegen den verfassungsmäßigen Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz).

Die von § 68b EStDV aufgestellten Nachweis-Anforderungen zur Höhe der ausländischen Einkünfte und Steuern sind unionsrechtlich aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wegen der Wirksamkeit der Steueraufsicht gerechtfertigt und gehen nicht über das hinaus, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist, da die Vorschrift nicht abschließend formuliert ist und über Steuerbescheide und Quittungen hinaus weitere Urkunden als Nachweis zulässt.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 16. März 2022 (I R 10/18), als NV-Entscheidung veröffentlicht am 17. November 2022.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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