Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung bei treuhänderischer Beteiligung an einer Zwischengesellschaft

Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass die Hinzurechnungsbesteuerung gem. § 7 Abs. 1 Außensteuergesetz auch dann Anwendung findet, wenn ein unbeschränkt Steuerpflichtiger treuhänderisch an einer ausländischen (hier: Schweizer) Zwischengesellschaft beteiligt ist. Die festgestellten Hinzurechnungsbeträge im Streitfall sind für das Gericht auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.

Hintergrund und Sachverhalt

Der Kläger, eine natürliche und in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Person, ist als Alleingesellschafter u.a. an einer polnischen und italienischen Kapitalgesellschaft beteiligt. Von 2005 bis 2011 war der Kläger zudem Direktor der X. Schweiz AG, einer in der Schweiz ansässigen Kapitalgesellschaft. Der Kläger reichte in den Jahren 2006 bis 2008 Gelder an die X. Schweiz AG aus, über deren Verwendung er unterschiedliche Angaben machte. Die Steuerfahndung fand bei Durchsuchungen u.a. Unterlagen und Hinweise zu Darlehensbeziehungen zwischen der X. Schweiz AG und der polnischen sowie italienischen Kapitalgesellschaft des Klägers.

Das Finanzamt ging aufgrund verschiedener Indizien sowie einem Auskunftsersuchen gegenüber den Schweizer Steuerbehörden davon aus, dass der Kläger seit der Übernahme des Direktorenamts im Jahre 2005 an der X. Schweiz AG beteiligt gewesen sei. Die X. Schweiz AG sei zudem als Zwischengesellschaft im Sinne des § 8 Abs. 1 AStG anzusehen. Weiter seien dem Kläger die Zinsansprüche der X. Schweiz AG gegenüber der polnischen und italienischen Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 AStG unmittelbar als Kapitaleinkünfte zuzurechnen.

Entscheidung des Finanzgerichts

Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die streitigen Einkünfte zu Recht und in nicht zu beanstandender Höhe nach § 18 AStG gesondert festgestellt hat. Die Voraussetzungen für die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. AStG lagen vor.

Der Kläger sei zu mehr als der Hälfte an der X. Schweiz AG beteiligt gewesen (Rn. 159 ff. des Urteils), da er alleiniger, treuhänderischer Beteiligter der X. Schweiz AG gewesen sei. Dies hatte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Z. AG gegenüber der Schweizerischen Steuerverwaltung im Rahmen des Auskunftsersuchens glaubhaft angegeben. Die Beteiligung, so das Finanzgericht, ergebe sich u.a. aus dem Umstand, dass die Übernahme des Direktorenamts durch den Kläger in zeitlichem Zusammenhang mit den ersten Darlehensgewährungen stand und zugleich der Gesellschaftszweck der X. Schweiz AG an die Firmen- und Tätigkeitsbeschreibungen anderer Gesellschaften angepasst wurde, deren Alleingesellschafter der Kläger ist (Rn. 168).

Des weiteren war zu berücksichtigen, dass der Kläger der X. Schweiz AG Gelder in erheblichem Umfang zur Verfügung gestellt hat (Rn. 169).

Auch sei die unentgeltliche Tätigkeit des Klägers für die X. Schweiz AG und die (nach eigenen Angaben unverzinsliche) Hingabe von Darlehen nur durch eine Anteilseignerschaft zu erklären (Rn. 172).

Die X. Schweiz AG war aufgrund ihrer passiven und niedrig besteuerten Zinseinkünfte als Zwischengesellschaft i.S.d. § 8 Abs. 1 AStG anzusehen.

Eine Ausnahme von der Hinzurechnungsbesteuerung im Drittstaatenfall komme für sämtliche Streitjahre nicht in Betracht. Unter anderem fehle es für die Wirtschaftsjahre 2006 bis 2010 an einem erforderlichen rechtlichen Rahmen für einen Informationsaustausch; ein solcher bestehe im Verhältnis zur Schweiz erst ab 2011.

Die X. Schweiz AG sei eine substanzlose Gesellschaft ohne eigene wirtschaftliche Tätigkeit (Rn. 180), da sie ab dem Jahr 2011 außer der Vereinnahmung von Zinsen nicht mehr wirtschaftlich aktiv gewesen sei. Es waren keine Anhaltspunkte für eine hinreichende „Substanz“ der X. Schweiz AG erkennbar, da diese (i) über keine eigenen Geschäftsräume sowie (ii) Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens verfügte und (iii) außer dem Verwaltungsrat und dem Kläger als Direktor kein eigenes Personal hatte (Rn. 182 ff.).

Darüber hinaus hat sich das Finanzgericht – wenn auch nicht mehr entscheidungserheblich – zum Konkurrenzverhältnis zwischen §§ 1 und 7 AStG bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags geäußert. Die Konkurrenz sei im Streitfall zugunsten von §§ 7 ff. AStG aufzulösen, wenn Adressat der Einkünftekorrektur gem. § 1 AStG und der Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7 AStG dieselbe steuerpflichtige Person (hier: der Kläger) ist.

Revision beim BFH anhängig

Die Revision wurde vom Finanzgericht zunächst nicht zugelassen, da – so die Finanzrichter – „die Frage, in welchem Vorrangverhältnis die §§ 1 und 7 AStG stehen zwar von grundsätzlicher Bedeutung sein dürfte, aber im Streitfall nicht entscheidungserheblich ist“. Der BFH hat der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers jedoch stattgegeben. Die Revision ist dort unter dem Az. I R 38/22 anhängig.

Fundstelle

Finanzgericht Münster, Urteil vom 10. Dezember 2020 (8 K 665/16 F)

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