Verlängerung der Übergangsregelung für bezuschusste Verpachtungs-BgA deutet sich an
Auswirkung der BFH-Rechtsprechung auf die Verpachtungs-Betriebe gewerblicher Art (BgA)
Status Quo
Ein Verpachtungs-BgA (§ 4 Absatz 4 KStG) soll nach dem BFH-Urteil vom 10. Dezember 2019, Aktenzeichen I R 58/17, im Bundessteuerblatt (BStBl. 2021 II S. 945) nur vorliegen, wenn aus wirtschaftlicher Sicht der Pächter die Last der Pachtzinsen trägt. Gewährt der Verpächter dem Pächter einen Betriebskostenzuschuss in mindestens gleicher Höhe zu den Pachtzinsen, bestehe kein BgA, sondern lediglich eine Vermögensverwaltung (vgl. PwC Newsflash aus Februar 2022).
Nachdem sich die Finanzverwaltung durch die Veröffentlichung des BFH-Urteils der Rechtsauffassung des 1. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) angeschlossen hat, war die kommunale Praxis zunächst für die Übergangsfrist dankbar, d.h. der Nichtbeanstandung der Anwendung der bisher geltenden Grundsätze bis zum 31. Dezember 2022 (BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2021 – IV C 2 - S 2706/19/10008 :001). Hingegen blieben u.a. Fragen zur ertragsteuerlichen Beendigung der Verpachtungs-BgA weiterhin unbeantwortet.
Andeutung der Verlängerung der Übergangsregelung
Nunmehr teilten Finanzbehörden in Einzelfällen mit, dass die im BMF-Schreiben bis zum 31. Dezember 2022 gewährte Übergangsregelung an die in § 27 Abs. 22a UStG genannte Frist angeglichen wird.
Mit Wirkung zum 1. Januar 2017 hat sich das Besteuerungssystem für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) im Bereich der Umsatzsteuer grundlegend geändert. Ab diesem Zeitpunkt gilt für diese grundsätzlich der allgemeingültige Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG unter Berücksichtigung der neuen Regelungen des § 2b UStG. Die bisherige Anbindung des umsatzsteuerlichen Unternehmerbegriffs an den ertragsteuerlichen Begriff des BgA gemäß § 2 Absatz 3 UStG a.F. i.V.m. § 4 Absatz 1 KStG wird ab diesem Zeitpunkt vollständig aufgegeben. Für die Anwendung des neuen Rechts hat der Gesetzgeber einen Übergangszeitraum vorgesehen, so dass die jPdöR zur Anwendung des „alten Rechts“ optieren konnte. War der Übergangszeitraum nach der ersten Corona-bedingten Verlängerung für alle jPdöR noch bis zum 1. Januar 2023 befristet, wurde mit dem am 16. Dezember 2022 verabschiedeten Jahressteuergesetz 2022 (JStG 2022) die Option zur Anwendung der alten Rechtslage überraschend um weitere 2 Jahre verlängert.
Bedeutung der möglichen Verlängerung der Übergangsfrist
Für die betroffenen kommunalen Verpächter könnte diese Ankündigung in doppelter Hinsicht günstig sein:
Zum einen orientiert sich die Finanzverwaltung mit der Ankündigung der Verlängerungsoption an die zeitliche Anwendbarkeit des Regimes der §§ 2 Absatz 1, 2b UStG, so dass ein zwischenzeitiger Verlust der Unternehmereigenschaft der jPdöR nicht erwünscht zu sein scheint.
Ein Vorsteuerabzug wäre, vorausgesetzt es liegen steuerpflichtige Ausgangsumsätze bzw. hinsichtlich des Verpachtungsverhältnisses die Voraussetzungen für ein Optieren zur Umsatzsteuer (§ 9 UStG) vor, für zukünftige Veranlagungszeiträume sichergestellt. Insbesondere wäre auch die Erforderlichkeit einer Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG ausgeschlossen, da aufgrund der fortbestehenden Unternehmereigenschaft eine schädliche Änderung der Verhältnisse nicht eintreten dürfte.
Haben Kommunen in Einzelfällen einen vorzeitigen Widerruf der Option des § 27 Absatz 22a UStG zum 1. Januar 2023 zur Sicherstellung der Unternehmereigenschaft als Verpächterin noch in Erwägung gezogen, dürfte dieser weitreichende Schritt gegebenenfalls nicht mehr erforderlich sein.
Zum anderen verneint die Finanzverwaltung mit ihrer Ankündigung auch inzident eine Maßgeblichkeit der ertragsteuerlichen Wertung des BFH-Urteils vom 10. Dezember 2019 für die Umsatzsteuer, d.h. die umsatzsteuerliche Unternehmereigenschaft ist nach künftiger Rechtslage unabhängig vom Vorliegen eines BgA.
So setzt die Unternehmereigenschaft nach der neuen Rechtslage des § 2 Absatz 1 UStG eine „nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen“ voraus. Mit Blick auf die BgA-Eigenschaft der Verpächterin hat der BFH in den betroffenen Bezuschussungsfällen ertragsteuerlich zumindest das Vorliegen einer „nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen“ mit Verweis auf eine Saldierung verneint. Zwar hat der BFH in seinem Urteil vom 22. Juni 2022 (Aktenzeichen XI R 35/19, NV) eine Unternehmereigenschaft in einem spezifischen Fall der Nutzungsüberlassung verneint, wenn der Zuschuss das Pachtentgelt übersteigt und insoweit keine wirtschaftliche Tätigkeit gegeben ist. Es gilt jedoch abzuwarten, ob diese Wertung auch unter Berücksichtigung des neuen Regimes der §§ 2 Absatz 1, 2b UStG anwendbar bleibt.
Dogmatisch erscheint eine weitere Entfernung des Umsatzsteuerrechts vom Ertragsteuerrecht mit Blick auf die wohl fehlende Einheitlichkeit des Steuerrechts und den Umstand, dass das umsatzsteuerliche Regime anders als das ertragsteuerliche Regime maßgeblich vom Gemeinschaftsrecht (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) geprägt ist, vertretbar. Es bleibt damit sorgfältig zu beobachten, wie sich die Finanzverwaltung künftig positioniert und ob das BMF mit einem weiteren Schreiben für mehr Klarheit sorgt. Derzeit sind uns aus der Beratungspraxis jedoch Fälle bekannt, in denen Betriebsprüfungsfinanzämter ankündigten, die ertragsteuerlichen Wertungen des BFH-Urteils aufgrund der nahezu gleichlautenden Begrifflichkeiten in § 4 Absatz 1 KStG und § 2 Absatz 1 UStG zukünftig auch auf die Umsatzsteuer übertragen zu wollen.
Praxis-Ausblick
Für betroffene Kommunen kann dies bedeuten, dass zunächst kein Widerruf der § 27 Abs. 22a UStG zum 1. Januar 2023 aus Gründen der „Rettung“ der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft (im Hinblick auf drohende Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG) der bisherigen Verpachtungs-BgA erforderlich ist.
Abzuwarten bleibt, ob sich das BMF im Rahmen der avisierten Anpassung des Schreibens auch zur Thematik der Abwicklung bisheriger Verpachtungs-BgA positionieren wird – wünschenswert wäre dies. Denn diesbezüglich ist weiterhin nicht explizit erläutert, wie ertragsteuerlich mit dem bisherigen BgA nach Ablauf der Übergangsregel umzugehen ist. Aus steuerlicher Sicht kann also weiterhin nicht ausgeschlossen, dass daraus negative steuerliche Folgen resultieren (vgl. PwC Newsflash aus Februar 2022).
Gerne unterstützen wir Sie beratend bei allen steuerlichen Fragestellungen im Zusammenhang mit betroffenen Verpachtungsverhältnissen.
Christoph Bildstein
Tax Partner
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