Bundesfinanzhof hält Solidaritätszuschlag für rechtens
Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig. Dies hat der Bundesfinanzhof in seinem heute veröffentlichten Urteil entschieden. In den Jahren 2020 und 2021 handele es sich um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe; eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht ist nach Dafürhalten der Richter nicht geboten. Die Staffelung des Solidaritätszuschlags sei mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerechtfertigt.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute und beantragten (erfolglos) die Herabsetzung der Vorauszahlungen zum Solidaritätszuschlag (SolZ) auf 0 €. Im Zuge des Rechtsstreits monierten die Kläger zweierlei: Zum einen verstoße die Erhebung des (verfassungsgemäß) eingeführten SolZ nunmehr gegen das Grundgesetz (Auslaufen der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019). Darüber hinaus halten sie die ab 2021 erfolgende Rückführung für verfassungswidrig. In dem Umstand, dass seit dem Veranlagungszeitraum 2021 nur noch rund 10 % der Steuerpflichtigen den SolZ zahlen müssen, sehen sie vor allem einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.
Entscheidung und zusammenfassende Urteilsbegründung des BFH
Der BFH wies die Klage ab und entschied, dass der Solz in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig war.
Eine Ergänzungsabgabe hat die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der übrigen Steuern zu decken, und zwar auch für längere Zeiträume. Allerdings ist ein dauerhafter Finanzbedarf regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken. Es bestand in den Streitjahren 2020 und 2021 nach wie vor ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes. Der Gesetzgeber hat schlüssig auf diesen fortbestehenden Bedarf, der unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts gegeben war, hingewiesen.
Aus dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wird deutlich, dass der Gesetzgeber diesen nicht unbegrenzt erheben will, sondern nur für eine Übergangszeit. Ein finanzieller Mehrbedarf des Bundes, der aus der Bewältigung einer Generationenaufgabe resultiert, kann auch für einen sehr langen Zeitraum anzuerkennen sein. Dieser Zeitraum ist beim SolZ jedenfalls 26 bzw. 27 Jahre nach seiner Einführung noch nicht abgelaufen. Da der ursprüngliche Zweck für die Einführung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht entfallen war, komme es daher auf eine mögliche Umwidmung des Zuschlags für die Finanzierung der Kosten der Corona-Pandemie oder des Ukraine-Krieges nicht an.
Der SolZ verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz). Ab dem Jahr 2021 werden aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist aber gerechtfertigt. Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der SolZ an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher kann auch der Gesetzgeber beim SolZ, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken.
Das ausführliche Urteil IX R 15/20 wurde inzwischen auf der BFH-Webseite veröffentlicht.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 17. Januar 2023 (IX R 15/20), veröffentlicht am 30. Januar 2023. – BFH-Pressemitteilung Nr. 7/23 vom 30.1.2023.