EuGH zur Umsatzsteuer: Abtretung eines Teils der Preisgelder an Betreiber eines Rennstalls als entgeltliche Dienstleistung
Der EuGH hatte in der Vergangenheit entschieden, dass rein platzierungsabhängige Preisgelder, die der Veranstalter eines Turniers den Teilnehmern zahlt, unter bestimmten Voraussetzungen kein Entgelt für eine steuerbare Leistung sind. Der BFH wollte in einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH wissen, ob dies auch für Preisgelder gilt, die originär Pferdeeigentümern zustehen, die diese aber vereinbarungsgemäß zum Teil dem Reitstallbetreiber für die Unterbringung, Pflege und Ausbildung der Pferde und deren Einsatz bei Turnieren weiterleiten. Nein sagt dazu der EuGH in seinem aktuellen Urteil.
Hintergrund
Geklärt ist europarechtlich, dass rein platzierungsabhängige Preisgelder, die der Veranstalter eines Turniers den Teilnehmern zahlt, unter bestimmten Voraussetzungen kein Entgelt für eine steuerbare Leistung sind. Das hat der EuGH mit Urteil vom 10. November 2016 in der Rechtssache C-432/15, Baštová zu Rennpreisen des Veranstalters von Pferderennen an die Pferdeeigentümer entschieden. Gilt diese Nichtsteuerbarkeit aber auch für Preisgelder, die originär Pferdeeigentümern zustehen, die diese aber vereinbarungsgemäß zum Teil dem Reitstallbetreiber für die Unterbringung, Pflege und Ausbildung der Pferde und deren Einsatz bei Turnieren weiterleiten?
Vor dem Hintergrund, dass die bei Pferdeturnieren gewonnenen Preisgelder allein dem Eigentümer der Pferde zustanden, sahen die genannten Verträge im zu entscheidenden Streitfall vor, dass der Kläger (der einen Ausbildungsstall für Turnierpferde betreibt) 50 % aller Geld- und Sachpreise erhalten sollte. Hierzu trat der Eigentümer bereits beim Abschluss des Überlassungsvertrags dem Kläger die künftigen Ansprüche hierauf entsprechend ab.
Mehr zum BFH-Vorlagebeschluss V R 40/20 finden Sie in unserem Blogbeitrag vom 2. Dezember 2021.
Entscheidung des EuGH
Der Kläger habe gegenüber den Pferdeeigentümern Dienstleistungen erbracht, die durch die hälftige Abtretung der mit diesen Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder vergütet worden seien.
Einheitliche Dienstleistung:
Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den genannten Leistungen und der hälftigen Abtretung des Anspruchs auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder. Es sei daher davon auszugehen, so der EuGH, dass es sich bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dienstleistung um eine einheitliche Leistung handelt, die in der Unterbringung, dem Training und der Turnierteilnahme von Pferden besteht.
Gegenwert für die einheitliche Leistung („gegen Entgelt“):
Der Kläger erhielt als Gegenleistung für die von ihm erbrachte einheitliche Leistung zum einen die Erstattung der Kosten für den Unterhalt, die Turnierteilnahme, den Transport, den Hufschmied und die tierärztliche Versorgung der Pferde und zum anderen eine Beteiligung an den mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgeldern. Daraus ergibt sich, dass die Gesamtheit der vom Kläger des Ausgangsverfahrens erbrachten Leistungen, nämlich die Leistungen der Unterbringung, des Trainings und der Turnierteilnahme der Pferde, nur durch die hälftige Beteiligung des Klägers des Ausgangsverfahrens am Anspruch auf die mit den Pferden bei Turnieren gewonnenen Preisgelder vergütet wurde. Denn in dem – vom vorlegenden Gericht noch zu verifizierenden – Fall, dass die von den Pferdeeigentümern vorgenommene Zahlung der Kosten des Unterhalts, der Turnierteilnahme, des Transports, des Hufschmieds und der tierärztlichen Versorgung der Pferde eine bloße Erstattung der dem Kläger des Ausgangsverfahrens im Rahmen des Betriebs seines Stalls entstandenen Kosten darstellt, stellt eine solche Erstattung keine Vergütung der von ihm erbrachten genannten Leistungen dar.
Der Gegenwert für die Gesamtheit der vom Kläger erbrachten Leistungen bestand in der Abtretung eines Teils der Preisgelder, und zwar unabhängig davon, ob sie bei einem bestimmten Turnier zum Gewinn von Preisgeldern führte oder nicht. Die Pferdeeigentümer vergüteten somit die Gesamtheit der vom Kläger des Ausgangsverfahrens erbrachten Leistungen mit der genannten Abtretung, durch die er in den Genuss der Hälfte des Anspruchs auf die gegebenenfalls gewonnenen Preisgelder kommen konnte.
Insofern urteilt der EuGH, dass
die einheitliche Leistung des Inhabers eines Ausbildungsstalls für Turnierpferde, die aus Unterbringung, Training und Turnierteilnahme von Pferden besteht, eine Dienstleistung gegen Entgelt darstellt, wenn der Eigentümer der Pferde diese Leistung durch hälftige Abtretung des ihm bei einer erfolgreichen Turnierteilnahme seiner Pferde zustehenden Anspruchs auf die gewonnenen Preisgelder vergütet.
Fundstelle
EuGH-Urteil vom 9. Februar 2023 (C‑713/21), Finanzamt X (Prestations du propriétaire d’une écurie).