BMF veröffentlicht Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (sog. Pillar 2)
Am Montag, den 20. März 2023, hat das BMF einen Entwurf eines Gesetzes für die Umsetzung der Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union (sog. Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MinBestRL-UmsG) veröffentlicht.
Nach der Verabschiedung der Richtlinie zur Umsetzung einer globalen Mindestbesteuerung durch den Rat der EU am 15. Dezember 2022 (vgl. Newsflash vom 16. Dezember 2022) wurde am 20. März 2023 der Diskussionsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durch das BMF veröffentlicht.
Inhaltlich orientiert sich der Diskussionsentwurf weitestgehend an der EU-Richtlinie, den OECD Muster-GloBE-Regelungen (OECD MR) (vgl. Newsflash vom 20. Dezember 2021) sowie weiteren Veröffentlichungen der OECD, wie beispielsweise den Safe Harbour Regelungen (vgl. Newsflash vom 22. Dezember 2022).
Wesentlicher Inhalt und Aufbau des Diskussionsentwurfs
Die Umsetzung der EU-Mindestbesteuerungsrichtlinie ist in einem eigenen Gesetz, dem Mindeststeuergesetz (MinStG), vorgesehen. Der Diskussionsentwurf umfasst insgesamt 89 Paragraphen und ist in 11 Teile aufgeteilt.
Teil 1: Allgemeine Vorschriften
In den Anwendungsbereich des MinStG sollen analog den OECD MR und der EU-Richtlinie Unternehmensgruppen fallen, die die jährliche Umsatzgrenze von 750 Millionen Euro oder mehr in mindestens zwei der letzten vier Konzernabschlüsse der obersten Muttergesellschaft erreichen. Der Diskussionsentwurf erstreckt die Anwendung der Regelungen im Einklang mit der EU-Richtlinie neben international agierenden Unternehmensgruppen auch auf rein im Inland agierende Unternehmensgruppen, welche die maßgebliche Umsatzgrenze erfüllen.
Zu einer Unternehmensgruppe im Sinne der MinStG zählen alle im Konzernabschluss voll- oder quotenkonsolidierten sog. Einheiten unabhängig von ihrer Rechtsform sowie jede ihrer Betriebsstätten.
Als Ergänzung zur EU-Richtlinie sieht der Diskussionsentwurf Regelungen zu einer Mindeststeuergruppe (§ 3 MinStG) vor. Die Mindeststeuergruppe besteht aus den im Inland unter dem MinStG steuerpflichtigen Geschäftseinheiten sowie dem inländischen Gruppenträger. Die verschiedenen Ergänzungssteuerbeträge sind dem Gruppenträger zuzurechnen, sodass der Gruppenträger gegenüber dem Finanzamt als alleiniger Steuerschuldner auftritt, wobei die Geschäftseinheiten deren Ergänzungssteuerbeträge dem Gruppenträger zugerechnet werden, gesamtschuldnerisch haften.
Teil 2: Ergänzungssteuerregelung
Der Steuererhöhungsbetrag kann über drei verschiedene Mechanismen erhoben werden:
Die sog. Primärergänzungssteuer (PES) wird auf Ebene der obersten Muttergesellschaft sowie ggf. bei zwischengeschalteten Muttergesellschaften erhoben.
Sofern keine Besteuerung von niedrig besteuerten Geschäftseinheiten über eine PES erfolgt, soll die sog. Sekundärergänzungssteuer (SES) greifen. Im Rahmen der SES ist jeder steuerpflichtigen Geschäftseinheit im Inland ein anteiliger Ergänzungssteuerbetrag vom Steuerhöhungsbetrag der gesamten Unternehmensgruppe zuzurechnen.
Für niedrig besteuerte Geschäftseinheiten im Inland sieht der Diskussionsentwurf zudem die Möglichkeit der vorrangigen Erhebung der Ergänzungssteuer über eine nationale Ergänzungssteuer (NES) (geregelt in Teil 10) vor.
Teil 3 bis 5: Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns oder -Verlusts, der angepassten erfassten Steuern, des effektiven Steuersatzes und des Steuererhöhungsbetrags
Ein Steuerhöhungsbetrag entsteht für Geschäftseinheiten einer Unternehmensgruppe, die in einem Steuerhoheitsgebiet ansässig sind, in dem der effektive Steuersatz unter dem Mindeststeuersatz liegt. Der Mindeststeuersatz beträgt 15 Prozent.
Der fünfte Teil des Diskussionsentwurfs regelt die Ermittlung des effektiven Steuersatzes und des Steuererhöhungsbetrags. Der effektive Steuersatz ist für jedes Steuerhoheitsgebiet zu ermitteln und ergibt sich aus dem Verhältnis des Gesamtbetrags der angepassten erfassten Steuern zum Gesamt-Mindesteuer-Gewinn. Die Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinns bzw. -Verlusts ist im dritten Teil des Diskussionsentwurfs geregelt.
Ausgangspunkt für die Berechnung des Mindeststeuer-Gewinns bzw. -Verlusts ist das für das Geschäftsjahr - auf der Grundlage des für die Erstellung des Konzernabschlusses der obersten Muttergesellschaft maßgeblichen Rechnungslegungsstandards - ermittelte Ergebnis (Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag II) pro erfasster Geschäftseinheit. Die Ausgangsgröße ist um zahlreiche Hinzurechnungen und Kürzungen anzupassen.
Die sog. angepassten erfassten Steuern (geregelt in Teil 4) setzen sich aus den im Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag II erfassten laufenden und den sog. angepassten latenten Steuern der jeweiligen Geschäftseinheit zusammen und sind zudem um bestimmte Hinzurechnungen und Kürzungen anzupassen. Die Differenz vom effektiven Steuersatz zum Mindeststeuersatz ergibt den Ergänzungssteuersatz, der auf den um substanzbasierte Ausnahmen bereinigten sog. Gesamt-Mindeststeuer-Gewinn des Steuerhoheitsgebiets anzuwenden ist. Das Ergebnis ist der Steuererhöhungsbetrag pro Steuerhoheitsgebiet.
Teil 6 bis 7: Umstrukturierungen und Beteiligungsstrukturen sowie Besonderheiten bei obersten Muttergesellschaften, Ausschüttungsregimen und Investmenteinheiten
Im sechsten und siebten Teil des Diskussionsentwurfs sind Sonderbestimmungen geregelt. Diese betreffen unter anderem Regelungen zum Umgang bei Veränderungen der Unternehmensgruppe, Regelungen für Joint Ventures, spezielle Regelungen für gewisse oberste Muttergesellschaften sowie Regelungen zum Umgang mit Investmenteinheiten.
Teil 8 bis 11: Administration, Sondervorschriften für das Übergangsjahr, den Übergangszeitraum sowie die Anfangsphase, nationale Ergänzungssteuer, Besteuerungsverfahren und sonstige Bestimmungen
Der Entwurf des MinStG sieht verschiedene administrative Anforderungen vor, die durch die Unternehmensgruppe zu erfüllen sind. Grundsätzlich ist jede unter dem MinStG steuerpflichtige Geschäftseinheit dazu verpflichtet, den sog. Mindeststeuer-Bericht für das Geschäftsjahr dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln. Davon abweichend kann der Mindeststeuer-Bericht unter gewissen Voraussetzungen durch bestimmte Geschäftseinheiten im Auftrag der übrigen Geschäftseinheiten eingereicht werden. Die Übermittlung des Mindeststeuer-Berichts an das BZSt hat spätestens 15 Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs zu erfolgen (im ersten Jahr beträgt die Frist hingegen 18 Monate).
Sofern der Mindeststeuer-Bericht vorsätzlich oder leichtfertig nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig übermittelt wird, begründet dies eine Ordnungswidrigkeit. Die Höhe des Bußgelds infolge der Ordnungswidrigkeit lässt der Diskussionsentwurf noch offen.
Neben dem Mindeststeuer-Bericht sieht der Diskussionsentwurf grundsätzlich die Abgabe einer Steuererklärung durch jede inländische steuerpflichtige Geschäftseinheit bei dem für sie für die Besteuerung nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt vor. Besteht im Inland eine Mindeststeuergruppe, so hat abweichend vom Grundsatz nur der Gruppenträger eine Steuererklärung für die Mindeststeuergruppe abzugeben. Die Steuer ist dabei selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Eine Festsetzung der Mindeststeuer durch die Finanzbehörde erfolgt daher nur, wenn diese zu einer abweichenden Steuer führt oder die Geschäftseinheit die Steueranmeldung nicht abgibt.
Die Mindeststeuer für ein Geschäftsjahr entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Geschäftsjahr der obersten Muttergesellschaft endet. Für die Abgabe der Steuererklärung sind laut Begründung zum Diskussionsentwurf grundsätzlich die allgemeinen Vorschriften der AO (§ 149 AO) anwendbar. Die Steuer soll einen Monat nach Abgabe der Steuererklärung fällig und zu entrichten sein.
Der Diskussionsentwurf beinhaltet zudem die von der OECD veröffentlichten sog. Safe Harbour-Regelungen (vgl. auch Newsflash vom 22. Dezember 2022), wie zum Beispiel die zeitlich befristeten Safe-Harbour-Regelungen auf Basis des CbCR. Sollten deren Voraussetzungen erfüllt sein, reduziert sich die Ergänzungssteuer auf null. Jedoch bleibt die Pflicht zur Abgabe des Mindeststeuer-Berichts und der Steuererklärung unter dem MinStG in diesem Fall unberührt.
Außerdem sieht der Diskussionsentwurf weitere wahlweise anzuwendende Vorschriften zur Vereinfachung der Berechnung des Mindeststeuer-Umsatzes, des Mindeststeuer-Gewinns und der angepassten erfassten Steuern für unwesentliche Geschäftseinheiten sowie eine Erleichterung für den Fall vor, dass die Mindeststeuer bereits im Wege einer anerkannten NES erhoben wurde. Sofern Unternehmensgruppen nur eine sog. untergeordnete internationale Tätigkeit ausüben, sind diese zudem in den ersten fünf Jahren von der Mindeststeuer befreit.
Darüber hinaus enthält der Diskussionsentwurf Vorschriften zur Bestimmung des effektiven Steuersatzes im Übergangsjahr und den darauffolgenden Jahren sowie zur Behandlung von latenten Steuern und der Übertragung von Vermögenswerten zwischen Geschäftseinheiten nach dem 30. November 2021.
Das MinStG soll erstmals für Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen, gelten. Die Regelungen zur SES sind erstmals für Geschäftsjahre beginnend ab dem 30. Dezember 2024 anzuwenden.