Kapitalertragsteuererstattung: Festsetzungsverjährung eines Freistellungsanspruchs nach § 32 Abs. 5 KStG
Das Finanzgericht Köln hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass es nicht unionsrechtswidrig sei, dass die Festsetzungsfrist für einen Antrag einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft auf Quellensteuererstattung nach § 32 Abs. 5 KStG häufig ein Jahr früher abläuft als die Festsetzungsfrist für die Körperschaftsteuerveranlagung einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft.
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine auf Zypern ansässige Kapitalgesellschaft, die im Streitjahr 2008 zu etwas mehr als 7% an einer deutschen AG beteiligt war und von dieser im Mai des Jahres eine Dividende in Höhe von ca. 6 Mio. Euro bezog. Die AG führte die Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag an das zuständige Finanzamt ab. Auf Antrag der Klägerin wurde die Quellensteuer durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) auf 15% gemindert und der Differenzbetrag zu der einbehaltenen und abgeführten Quellensteuer erstattet (§ 50d Abs. 1 Satz 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 Buchstabe b DBA-Zypern 1974).
Nachdem durch das EuGHDivUmsG vom 21. März 2013 das besondere Erstattungsverfahren für ausländische Körperschaften nach § 32 Abs. 5 KStG eingeführt worden war, beantragte die Klägerin im November 2013 gemäß dieser Vorschrift beim BZSt die Erstattung der restlichen Quellensteuer (15%).
Das BZSt lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass für eine im Jahr 2008 entstandene Kapitalertragsteuer mit Ablauf des Jahres 2012 Festsetzungsverjährung eingetreten sei (§ 44 Abs. 1 Satz 2, 3 und 5 EStG, § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 170 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).
Richterliche Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht Köln. Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen und dem BZSt hinsichtlich der eingetretenen Festsetzungsverjährung zugestimmt. Im Streitfall greife die Anlaufhemmung für die Festsetzungsfrist nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO nicht ein. Die Klägerin als Gläubigerin der Dividende sei schon nicht verpflichtet gewesen, eine Steuererklärung oder Steueranmeldung einzureichen. Und Anzeichen dafür, dass die ausschüttende Gesellschaft die Steueranmeldung erst nach dem Kalenderjahr 2008 eingereicht habe (entgegen § 44 Abs. 1 Satz 5, § 45a Abs. 1 Satz 1 EStG), gebe es nicht. Daher sei mit Ablauf des Kalenderjahres 2012 Festsetzungsverjährung eingetreten.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist es nicht unionsrechtswidrig, dass bei beschränkter Steuerpflicht die Festsetzungsverjährung typischerweise ein Jahr früher eintritt als bei unbeschränkter Steuerpflicht, bei der die Quellensteuer auf die festgesetzte Körperschaftsteuer angerechnet wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG), nachdem die Körperschaftsteuererklärung (frühestens) im Kalenderjahr nach dem Einnahmenbezug abgegeben wurde.
Darin liege, so das Gericht, keine Verletzung des - unionsrechtlich im Verfahrensrecht zu beachtenden - Effektivitätsgrundsatzes und Äquivalenzgrundsatzes. Insbesondere der Äquivalenzgrundsatz sei durch die Ungleichbehandlung des grenzüberschreitenden Sachverhalts auf der einen und des rein inländischen Sachverhalts nicht verletzt, weil man die Anwendung der Vorschrift über die Anlaufhemmung (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO) nicht isoliert betrachten dürfe, sondern im Kontext der zu Grunde liegenden Verfahren (Quellensteuererstattung vs. Steuerveranlagung mit Anrechnung) sehen müsse. Das Erstattungsverfahren sei deutlich unkomplizierter, so dass der beschränkt steuerpflichtige Dividendengläubiger insgesamt nicht benachteiligt werde.
Fundstelle
Finanzgericht Köln, Urteil vom 14. Dezember 2022 (2 K 1923/20); die Revision ist beim BFH unter dem Az.: I R 8/23 anhängig.