Die Zinsschranke (§ 4h EStG) gilt nur für Vergütungen, die Entgelt für die zeitlich begrenzte Zurverfügungstellung von Fremdkapital sind
Ein Entgelt, mit dem nicht die Möglichkeit zur Nutzung von Fremdkapital, sondern eine andere Leistung des Kreditgebers vergütet wird, ist keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG. Eine sogenannte "arrangement fee", mit der gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen einer Konsortialführerin vergütet werden und die sich nach der vertraglich vereinbarten (und nicht nach der tatsächlich in Anspruch genommenen) Darlehenssumme bemisst, unterfällt nicht der Abzugsbeschränkung des § 4h EStG. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH, war alleinige Anteilseignerin der B-GmbH. Zwischen der Klägerin und der B-GmbH bestand eine körperschaft- und gewerbesteuerrechtliche Organschaft mit der Klägerin als Organträgerin.
Die Klägerin und die B-GmbH nahmen im Jahr 2011 ein Darlehen im Umfang von … Mio. € als Konsortialkredit auf. Ursprünglich war ein Darlehen in Höhe von … Mio. € vereinbart, hiervon wurde später der genannte Betrag abgerufen. Darlehensgeber waren die C-Bank, die einen Darlehensanteil von rund … Mio. € übernahm, sowie vier weitere Kreditinstitute.
Nach dem "mandate and syndication letter" hatte die C-Bank alle Aspekte der Kreditsyndizierung zu organisieren, unter anderem die Zeitschiene, die Auswahl möglicher Kreditgeber, die Akzeptanz und Aufteilung der Kreditvereinbarungen und die Verteilung der Gebühren an die Kreditgeber. Im "arrangement fee letter" war die Vereinbarung enthalten, dass als "arrangement fee" ein Betrag in Höhe von 4,25 % der vereinbarten Darlehenssumme an die C-Bank zu zahlen sei. Die "arrangement fee" war eine einmalige Zahlung, welche nicht zurückzahlbar war. Sie fiel allerdings nicht an, wenn es nicht zum Abschluss des Darlehensvertrags kam.
Die B-GmbH verbuchte unter anderem die im Jahr 2011 angefallene "arrangement fee" als Aufwand.
Das Finanzamt ging im Zuge einer Außenprüfung davon aus, dass im Rahmen der Anwendung der Zinsschranke nach § 8a des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (KStG) in Verbindung mit § 4h des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) auch die "arrangement fee" als Zinsaufwendung im Sinne von § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG anzusehen sei.
Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte überwiegend Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Für die Einstufung einer Vergütung als Zinsaufwendung kommt es darauf an, dass sich das Entgelt bei wirtschaftlicher Betrachtung als Gegenleistung für die Fremdkapitalnutzungsmöglichkeit darstellt; die Bezeichnung des Entgelts, zum Beispiel als Zins oder Gebühr, ist nicht maßgeblich (vgl. u.a. R 8.1 Abs. 1 Satz 2 der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR) 2009).
Entgelte, die für eine andere Leistung oder aus einem anderen Rechtsgrund erbracht werden, stellen keine Zinsaufwendungen dar (BFH, Urteil vom 7. Oktober 2021, III R 15/18, BStBl II 2022, 625, Rz 27). Solche speziellen Entgelte werden nicht, wie vom Gesetz gefordert, "für" die Zurverfügungstellung des Fremdkapitals, sondern aus anderem Rechtsgrund etwa einer Bürgschaft, oder "für" etwas anderes gezahlt.
Soweit die Finanzverwaltung ‑im Unterschied zum Gewerbesteuerrecht (vgl. R 8.1 Abs. 1 Satz 8 GewStR 2009)‑ auch Vergütungen, die "zwar nicht als Zins berechnet werden, aber Vergütungscharakter haben (z.B. … Provisionen und Gebühren, die an den Geber des Fremdkapitals gezahlt werden)", zu den Zinsaufwendungen rechnet (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 4.Juli 2008, BStBl I 2008, 718, Rz 15) und sich dies möglicherweise auch auf Entgelte für eine andere Leistung oder aus anderem Rechtsgrund beziehen könnte, vermag der Senat dem aus den genannten Gründen nicht zu folgen.
Nach diesen Maßstäben ist das Finanzgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die "arrangement fee" keine Zinsaufwendung im Sinne des § 4h Abs. 3 Satz 2 EStG darstellt und die streitgegenständliche "arrangement fee" dahingehend gewürdigt, dass mit ihr gesonderte, über die Kapitalüberlassung hinausgehende Leistungen der C-Bank als Konsortialführerin vergütet wurden.
In diese Würdigung hat das Finanzgericht die rechtlich maßgeblichen Gesichtspunkte einbezogen, wie zum Beispiel die fehlende Bemessung an der Höhe des zur Nutzung überlassenen Fremdkapitals, die fehlende Laufzeitabhängigkeit und die Art der von der C-Bank erbrachten Leistungen. An diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Würdigung der Vorinstanz ist der Senat gebunden.
Fundstelle
BFH, Beschluss vom 22. März 2023 (XI R 45/19), veröffentlicht am 20. Juli 2023.
Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.