Update: Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen

Gegen die Höhe des Säumniszuschlags nach § 240 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung bestehen auch für Zeiträume nach dem 31.12.2018 keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Beschluss entschieden.

Sachverhalt

Auf Antrag des Antragstellers erließ das Finanzamt am 25.10.2022 einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge zur Einkommensteuer und zum Solidaritätszuschlag 2020 sowie zum vierten Quartal 2021 in Höhe von insgesamt 2.482 €. Dem war eine Steuerfestsetzung vorausgegangen, die zu Nachzahlungen geführt hatte.

Gegen den Abrechnungsbescheid legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV). Zur Begründung machte er geltend, zur Frage der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen nach dem 31.12.2018 seien beim Bundesfinanzhof (BFH) mehrere Revisionsverfahren anhängig.

Das Finanzamt stellte daraufhin das Einspruchsverfahren ruhend, lehnte allerdings den Antrag auf AdV mit Bescheid vom 04.01.2023 ab.

Der Antrag vor dem Finanzgericht München hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des BFH

Der BFH hat sich der Entscheidung der Vorinstanz angeschlossen und die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

§ 240 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) verstößt weder gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)) noch gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG).

Der VII. Senat des BFH hat mit Urteilen vom 23.08.2022, VII R 21/21 (BStBl II 2023, 304, Rz 38 ff.; siehe unseren Blogbeitrag) und vom 15.11.2022, VII R 55/20 (BStBl II 2023, 621, Rz 19 ff.) entschieden, dass auch bei einem strukturellen Niedrigzinsniveau gegen die in § 240 Abs. 1 Satz 1 AO festgelegte Höhe des Säumniszuschlags keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Insbesondere lassen sich den genannten Urteilen zufolge weder die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 08.07.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17 (BGBl I 2021, 4303; siehe unseren Blogbeitrag) herausgearbeiteten Grundsätze, nach denen die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen nach §§ 233a, 238 AO in Höhe von 0,5 % pro Monat für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, auf den Säumniszuschlag übertragen, noch verstößt die Höhe des Säumniszuschlags gegen das Übermaßverbot und verletzt daher auch nicht das Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG.

Der beschließende Senat folgt dieser Rechtsprechung und nimmt wegen der Einzelheiten darauf Bezug. Zwar betreffen die genannten Entscheidungen des VII. Senats Zeiträume vor dem 01.01.2019. Die tragenden Gründe der vom VII. Senat vorgenommenen ‑eigenständigen‑ verfassungsrechtlichen Prüfung gelten aber gleichermaßen für Zeiträume nach dem 31.12.2018.

Update (6. November 2023)

Im Einklang mit dem Beschluss des X. Senat des BFH vom 13. September 2023 (X B 52/23 (AdV)) hat der V. Senat mit Beschluss vom 16. Oktober 2023, V B 49/22 (AdV), entschieden, dass bei summarischer Prüfung nach den Urteilen des BFH VII R 21/21 vom 23. August 2022 (siehe unseren Blogbeitrag) und VII R 55/20 vom 15. November 2022 keine ernstlichen Zweifel mehr an der Verfassungsmäßigkeit verwirkter Säumniszuschläge bestehen, auch soweit diese nach dem 31. Dezember 2018 entstanden sind. Auch aus den unionsrechtlichen Grundsätzen des Äquivalenz-, Effizienz-, Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsprinzips ergeben sich nach Auffassung des BFH keine ernstlichen Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge.

Fundstelle

BFH, Beschluss vom 13. September 2023 (X B 52/23 (AdV)), veröffentlicht am 26. Oktober 2023.

Zum Anfang