BMF veröffentlicht finalen Anwendungserlass zum AStG

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hatte am 19.7.2023 einen Entwurf für einen neugefassten Anwendungserlass zum Außensteuergesetz (AEAStG) an die Verbände zur Stellungnahme gesendet. Am 22.12.2023 wurde der finale AEAStG seitens des BMF veröffentlicht, der einige ausgewählte Punkte aus den Verbandseingaben aufgreift. Nachstehend sollen die für die Praxis wesentlichen Veränderungen zwischen Entwurfsstadium und finalem Erlass mit Blick auf die Hinzurechnungsbesteuerung dargestellt werden, die sich größtenteils auf den in § 7 und § 8 AStG geregelten Tatbestand beziehen.

Wesentliche Veränderungen der Aussagen zur Hinzurechnungsbesteuerung nach den §§ 7 ff. AStG 

i) Der neue Beherrschungstatbestand in § 7 Abs. 1-4 AStG 

Beherrschungskriterien und Rechtsfolge (§ 7 Abs. 1 und 2 AStG)

Rechtsfolgenseitig ist gem. § 7 Abs. 1 Satz 3 AStG für die Steuerpflicht der Einkünfte nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AStG der Maßstab für die Gewinnverteilung der ausländischen Gesellschaft zugrunde zu legen, wenn für die Gewinnverteilung der ausländischen
Gesellschaft nicht die Beteiligung am Nennkapital maßgebend ist oder die Gesellschaft kein Nennkapital hat. Im Entwurf war diesbezüglich noch vorgesehen, dass insbesondere Genussrechte, partiarische Darlehen sowie stille Beteiligungen von § 7 Abs. 1 Satz 3 AStG erfasst sein können. Im finalen AEAStG ist hingegen die Aussage enthalten, dass Finanzierungsinstrumente, deren Ausschüttungen das Einkommen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht mindern, von § 7 Abs. 1 Satz 3 AStG erfasst sein können.

Nahestehen durch abgestimmtes Verhalten (§ 7 Abs. 4 AStG)

Neuerungen finden sich im Erlass zur Regelung des (widerlegbaren) abgestimmten Verhaltens i.S.d. § 7 Abs. 4 Satz 2 AStG. Im Erlassentwurf war u.a. vorgesehen, dass ein Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten widerlegt werden kann, wenn sich der gemeinsame Zweck in einer Vermögensanlage erschöpft, bei der das Anlageobjekt zunächst nicht konkret bestimmt ist, sich die Anleger nicht kennen und diesen ausschließlich Informationsrechte zustehen (sog. Blindpool). Diese Aussagen wurden im finalen Schreiben mit Blick auf die Voraussetzungen zum einen dahingehend abgemildert, dass das Anlageobjekt nicht mehr unbekannt sein muss. Zum anderen wird das Zusammenwirken widerlegt, wenn sich die Anleger nicht kennen oder diesen ausschließlich Informationsrechte zustehen.

Des Weiteren sieht der AEAStG in seiner finalen Fassung eine Art Nichtaufgriffsgrenze für Zwecke des § 7 Abs. 4 Satz 2 AStG vor. Danach ist das Zusammenwirken durch abgestimmtes Verhalten bei einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Personengesellschaft regelmäßig widerlegt, wenn am Ende des Wirtschaftsjahres der ausländischen Gesellschaft eine durchgerechnete Beteiligungshöhe von 5 % an der Personengesellschaft nicht überschritten wird und keine besonderen Umstände hinzutreten.

ii) Der in Teilen neugefasste Aktivkatalog in § 8 Abs. 1 AStG

Verhältnis der Aktivitätstatbestände zueinander

Eine ausländische Gesellschaft ist für Einkünfte aus einer einheitlichen Tätigkeit dann keine Zwischengesellschaft, wenn diese Tätigkeit einer der Nummern des Aktivitätskata-logs gem. § 8 Abs. 1 AStG unterfallen. Allerdings fand sich im Entwurfsstadium zu diesem Grundsatz eine recht weitreichend formulierte Einschränkung dahingehend, dass dieses Prinzip nicht gelten sollte, wenn nach allgemeiner Verkehrsauffassung eine Tätigkeit abschließend einer Nummer des Aktivkatalogs zugewiesen wird. Dann sollte sich die Beurteilung der Tätigkeit ausschließlich nach dieser Nummer richten. Im finalen Erlass wird diese Einschränkung nun begrenzt, indem diese nur in Bezug auf unter § 8 Abs. 1 Nr. 3 AStG fallende Sachverhalte gilt. Dadurch wurde die praxisrelevante Rechtsunsicherheit beseitigt, ob Umwandlungen eines eigentlich aktiven Geschäftsbetriebs als passiv gelten, wenn die Voraussetzungen der § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG nicht erfüllt werden.

Handel (§ 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG)

Im finalen AEAStG sind verschiedene Änderungen bzw. Ergänzungen im Hinblick auf die die Handelstätigkeit i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG aufgenommen worden. So soll unter dem Begriff des „Handels“ nunmehr die gewerbsmäßige Anschaffung und Veräußerung von Gütern und Waren, deren Substanz nicht wesentlich verändert wird, gegen Entgelt zu verstehen sein.

Mit Blick auf die im Tatbestand des § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG enthaltene Voraussetzung der Verschaffung der Verfügungsmacht sind Erläuterung aufgenommen worden, dass die Verschaffung der wirtschaftlichen Sachherrschaft genügen soll, sofern die Verschaffung der körperlichen Sachherrschaft nach der Art des Geschäftsmodells nicht möglich ist.

Als Rückausnahme für eine passive Handelstätigkeit ist in § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG u.a. vorgesehen, dass die ausländische Gesellschaft (nachweislich) einen für derartige Handelsgeschäfte in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unterhalten muss. Für das Vorliegen einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr führt der AEAStG nunmehr zum einen aus, dass ein begrenzter Kreis von Handelspartnern für eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ausreichen kann, wenn die Art der Tätigkeit den Kreis der Handelspartner beschränkt. Zum anderen soll es unschädlich sein, wenn der Kundenkreis einer ausländischen Gesellschaft, die Ersatzteile liefert, sich aufgrund der Art und Beschaffenheit der Ersatzteile zwingend auf Personen beschränkt, die Abnehmer eines der Gesellschaft nahestehenden Unternehmens sind.

In der Praxis entscheidet sich, ob eine Handelstätigkeit als aktiv oder passiv qualifiziert, oftmals am Kriterium der (schädlichen) „Mitwirkung“. Der finale AEAStG enthält diesbezüglich verschiedene Neuerungen:

  • Im Entwurfsstadium hatte die Verwaltung – wie auch bereits im AEAStG 2004 – u.a. die Übernahme des Handelsrisikos pauschal als schädliche Mitwirkung angesehen. Im finalen Erlass beschränkt die Verwaltung ihre Aussagen dahinge-hend, dass eine passive Tätigkeit dann vorliegt, wenn der Vertrieb der ausländi-schen Gesellschaft übernommen oder der Vertretereinsatz geleitet wird. Damit ist die Übernahme des Handelsrisikos (und auch die Übernahme von Finanzierungs-aufgaben) auch nach Verwaltungsansicht nicht mehr pauschal als schädliche Mitwirkung anzusehen. 
  • Des Weiteren ist eine bereits im AEAStG 2004 enthaltene, in der Entwurfsfassung aber nicht übernommene Passage wieder aufgenommen worden, wonach eine handelsübliche Tätigkeit als Zulieferer, wie die unmittelbare Auslieferung durch den Hersteller oder die Sicherstellung zeitlicher Liefervorgaben durch die Abnehmer (z.B. bei „Just-in-time-Lieferung“), ebenfalls für die Frage der Mitwirkung unschäd-lich sein soll.
  • Schließlich soll die reine Zurverfügungstellung von Rechenkapazitäten, bspw. über Serverfarmen, keine schädliche Mitwirkung darstellen, soweit es sich nicht um den oder einen wesentlichen Geschäftsbereich der Zwischengesellschaft handelt. Ebenso soll nicht bereits deswegen von einer schädlichen Mitwirkung auszugehen sein, sofern der ausländischen Gesellschaft eine digitale Plattform (z.B. eine App) zur Verfügung gestellt wird und die ausländische Gesellschaft für die Nutzung dieser Plattform eine Gebühr zahlt.

Umwandlungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG)

Der finale AEAStG enthält einige geänderte oder neu aufgenommene Aussagen zu den Tatbestandsmerkmalen einer aktiven Umwandlung i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG:

  • Die Verwaltung geht bei der Umwandlung einer Gesellschaft mit aktiven Einkünften kraft ausdrücklicher Feststellung im Erlass davon aus, dass die Umwandlung losgelöst von den weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG nicht zu einer passiven Umwandlung dieser Gesellschaft führt.
  • Für den Begriff der „Umwandlung“ stellt die Verwaltung – anders als im Entwurfsstadium – darauf ab, dass ein Umwandlungsvorgang seinem Wesen nach den in
    § 1 UmwStG genannten Vorgängen entsprechen muss. Damit sollten die vom sachlichen Anwendungsbereich des § 1 UmwStG umfassten Umwandlungsvor-gänge eingeschlossen sein. 
    Des Weiteren wird die pauschale Aussage im Entwurf, dass insbesondere ein Spin-Off kein unter das UmwStG fallender und somit kein nach § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG begünstigender Vorgang sein soll, dahingehend klargestellt, dass dies Fälle betreffen soll, bei denen Wirtschaftsgüter im Wege der Einzelrechtsnachfolge übertragen werden. 
  • Im Entwurf war noch die im Hinblick auf die Rückausnahme des § 8 Abs. 1 Nr. 9, Halbsatz 2 AStG bedeutsame Aussage enthalten, dass wenn es durch eine Umwandlung zu einer Einschränkung oder einem Ausschluss des Hinzurech-nungsbesteuerungsrechts kommt, die Umwandlung nach dem UmwStG nicht hätte zu Buchwerten erfolgen können. Diese Aussage wurde im finalen Erlass gestri-chen.
  • Für die mit dem ATADUmsG in § 8 Abs. 1 Nr. 9, Halbsatz 2 AStG neu eingeführte Voraussetzung, dass die Umwandlung im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist, wurde im Entwurf noch auf die für die ausländische Besteuerung maßgebende Rechnungslegung abgestellt. Diese Aussage ist im finalen AEAStG nicht mehr enthalten.

iii) Die Niedrigbesteuerung in § 8 Abs. 5 AStG

Am 15.12.2023 hatte Bundesrat in seiner Sitzung beschlossen, dem vom Bundestag verabschiedeten Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz zuzustimmen. Darin ist u.a. ein Senkung der Niedrigsteuerschwelle auf 15 % vorgesehen. Der finale AEAStG berücksichtigt dagegen weiterhin noch die Niedrigsteuerschwelle von 25 %.

Ergänzt wurden die bisher enthaltenen Aussagen zu den steuerlichen Folgen ausländischer Gruppenbesteuerungssysteme und der Frage des Bestehens einer Niedrigbesteuerung. Neu hinzugekommen sind Äußerungen dahingehend, dass die Verrechnung passiver Einkünfte einer Gesellschaft mit Verlusten einer anderen Gesellschaft im Rahmen eines Gruppenbesteuerungssystems ebenso nicht zu einer Niedrigbesteuerung führt.

iv) Der Motivtest in § 8 Abs. 2-4 AStG

Der in § 8 Abs. 2 AStG geregelte Motivtest setzt insbesondere eine sachliche und personelle Ausstattung voraus (§ 8 Abs. 2 Satz 2 AStG). Im Entwurf wurde das bloße Vorhalten von Büroräumlichkeiten bzw. eine nur geringfügige Wahrnehmung von Funktionen bereits als nicht ausreichend angesehen, um den Motivtest zu erfüllen, insbesondere, wenn die Wahrnehmung dieser Funktionen nicht ortsgebunden ist. Nach den nunmehr ergänzten Aussagen im AEAStG soll es hingegen ausreichend sein, wenn die sachliche und personelle Ausstattung mittels eines Homeoffice erfolgt, sofern sich das Homeoffice in dem jeweiligen ausländischen Staat befindet. 

Als weitere Voraussetzung muss das (hinreichend qualifizierte) Personal die wirtschaftliche
Tätigkeit selbständig und eigenverantwortlich ausüben (§ 8 Abs. 2 Satz 3 AStG). Der Entwurf hatte hierzu bereits die Einschränkung vorgesehen, dass allein die Existenz einer Konzernrichtlinie die Eigenverantwortlichkeit nicht ausschließt. Diese Aussagen wurden weiter ergänzt. Nach dem finalen AEAStG soll die Einhaltung von Konzernrichtlinien, wie z.B. die Einhaltung von Compliance- und Governance-Regeln alleine die Eigenverantwort-lichkeit nicht ausschließen.

Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 5 AStG kommt der Motivtest als Ausnahme der Hinzurechnungs-besteuerung nicht in Betracht, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend durch Dritte besorgen lässt. Für die Praxis von großer Bedeutung ist die im finalen AEAStG neu aufgenommene Aussage, dass ein Outsourcing auf nahestehende Personen im gleichen Staat hingegen unschädlich ist. Gleiches soll für die Verwaltung von Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds durch eine Verwaltungsgesellschaft (§ 1 Abs. 14 KAGB) im gleichen Staat gelten.

v) Gesonderte und einheitliche Feststellung gem. § 18 AStG

Nach dem finalen AEAStG sollen zum einen unmittelbar oder mittelbar an einer ausländischen Gesellschaft beteiligte Steuerpflichtige, die in Deutschland von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit sind, nicht zur Abgabe einer Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung im Sinne des § 18 Abs. 3 Satz 1 AStG verpflichtet sein. Zum anderen sollen auch Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds von einer solchen Abgabepflicht befreit sein, soweit Hinzurechnungsbeträge auf Ebene des Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds nicht steuerpflichtig sind. Lediglich auf Aufforderung des Finanzamts ist hier eine Erklärung abzugeben.

Weitere Veröffentlichungen zum Thema:

steuern + recht newsflash vom 21. Juli 2023 

steuern + recht newsflash vom 27. Dezember 2023

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