Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei umgekehrter Betriebsaufspaltung
Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Dieses Durchgriffsverbot gilt nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs bei der Besteuerung einer Besitzkapitalgesellschaft auch im Fall der mittelbaren Beteiligung der Betriebspersonengesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft über eine Kapitalgesellschaft.
Hintergrund
Die Klägerin (eine Kapitalgesellschaft) hatte ein Grundstück an die F-KG (eine gewerblich tätige Personengesellschaft) überlassen, die an ihr mittelbar mehrheitlich über eine zwischengeschaltete weitere Kapitalgesellschaft beteiligt war. Später wurden die beschriebenen Flächen über ein Zwischenmietverhältnis mit der A GmbH an die FKG überlassen.
Das Finanzamt hat die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht erfüllt seien, weil eine schädliche Betriebsaufspaltung zwischen der Klägerin und der F-KG vorläge. Das Finanzgericht hatte der Klage stattgegeben (siehe Blogbeitrag vom 1. August 2023).
Entscheidung des BFH
Das Finanzgericht habe zu Recht entschieden, dass die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht wegen des Bestehens einer Betriebsaufspaltung ausgeschlossen ist.
Eine Betriebsaufspaltung zwischen einer Kapitalgesellschaft als Besitzgesellschaft und einem anderen Unternehmen als Betriebsgesellschaft liegt nicht vor, wenn die Kapitalgesellschaft nicht zu mehr als 50 % unmittelbar an dem anderen Unternehmen beteiligt ist. Im Streitfall war die Klägerin (Besitz-GmbH) weder unmittelbar noch mittelbar zu mehr als 50 % an der F-KG als Betriebsunternehmen beteiligt.
Im Streitfall verwaltet die Klägerin Immobilien und übt somit keine originär gewerbliche Tätigkeit aus. Die Tätigkeit der Klägerin ist insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt der Betriebsaufspaltung als originär gewerblich anzusehen, da die erforderliche personelle Verflechtung nicht gegeben ist.
Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Klägerin ergibt sich im Streitfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung. Bei einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung wird nicht die Betriebsgesellschaft durch die Besitzkapitalgesellschaft, sondern die Besitzkapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft beherrscht. Aus einer sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung kann wegen des Durchgriffsverbots eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft nicht abgeleitet werden. Es schließt aus, bei der Besteuerung der Besitzkapitalgesellschaft (hier der Klägerin) auf die Verhältnisse ihres Gesellschafters oder ihrer Gesellschafter abzustellen.
Erst recht lasse sich aus der mittelbaren Beteiligung einer Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft an der Besitzkapitalgesellschaft eine personelle Verflechtung nicht ableiten. Denn auch insoweit läge ein Durchgriff auf die unmittelbaren und mittelbaren Gesellschafter der Besitzkapitalgesellschaft vor.
Mit dieser Entscheidung, so der BFH, weiche er nicht von dem BFH-Urteil vom 16.09.2021 - IV R 7/18 ab, in dem der IV. Senat unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung nunmehr davon ausgeht, dass auch eine Beteiligung der an der Betriebsgesellschaft beteiligten Gesellschafter an einer Besitz-Personengesellschaft, die lediglich mittelbar über eine Kapitalgesellschaft besteht, bei der Beurteilung einer personellen Verflechtung als eine der Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung zu berücksichtigen ist. Anders als im Sachverhalt der Entscheidung vom 16.09.2021 - IV R 7/18 steht im Streitfall die Besteuerung einer Besitzkapitalgesellschaft in Rede.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 22. Februar 2024, III R 13/23 – veröffentlicht am 2. Mai 2024.