GlE: Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke in Drittstaaten
Infolge der Entscheidung des EuGH vom 12.10.2023 in der Rechtssache C-670/21 BA, haben sich die obersten Finanzbehörden der Länder zur unionsrechtskonformen Anwendung der § 13c ErbStG a. F. sowie §§ 13d, 28 Absatz 3 ErbStG geäußert. Der Erlass ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Inhalt der gleich lautenden Erlasse
Der EuGH hat mit Urteil vom 12. Oktober 2023 in der Rechtssache C-670/21 (BA), BStBl 2024 II n. n., entschieden, dass die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke nach § 13c ErbStG in der Fassung vom 24. Dezember 2008 (§ 13c ErbStG a.F.) gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 bis 65 AEUV) verstößt, da Grundstücke in Drittstaaten von der Vergünstigung ausgeschlossen sind (siehe unseren Blogbeitrag). Darüber hinaus hat der EuGH festgestellt, dass im Hinblick auf den Rechtfertigungsgrund der wirksamen Steueraufsicht entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung ein Ausschluss der Steuervergünstigung für Grundstücke in solchen Drittstaaten gerechtfertigt ist, mit denen kein umfassender Informationsaustausch besteht.
Die Entscheidung gilt gleichermaßen für den ab 1. Juli 2016 geltenden § 13d ErbStG, dessen Regelungsinhalt dem § 13c ErbStG a.F. entspricht. Nach § 13d Absatz 3 Nummer 2 ErbStG wird der Befreiungsabschlag nur für Grundstücke, die im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums belegen sind, gewährt. Das Urteil des EuGH hat auch Auswirkungen auf Stundungen nach § 28 Absatz 3 ErbStG, da dieser tatbestandlich auf die Belegenheitsvoraussetzung des § 13d ErbStG verweist.
Zur unionsrechtskonformen Anwendung der § 13c ErbStG a. F. sowie §§ 13d, 28 Absatz 3 ErbStG gelten die nachfolgenden Ausführungen:
Der Befreiungsabschlag ist über den Wortlaut des § 13c Absatz 3 Nummer 2 ErbStG a. F. bzw. § 13d Absatz 3 Nummer 2 ErbStG hinaus zu gewähren, wenn das Grundstück in einem Drittstaat belegen ist und in Bezug auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer ein Informationsaustausch mit diesem Drittstaat sichergestellt ist.
Mit dem Drittstaat, in dem das Grundstück belegen ist, ist ein Informationsaustausch sichergestellt, wenn er aufgrund völkervertraglicher Abkommen oder Übereinkommen verpflichtet ist, der Bundesrepublik Deutschland Amtshilfe in Steuersachen in einem Umfang zu leisten, der für die Überprüfung der Voraussetzungen des § 13c ErbStG a. F. bzw. § 13d ErbStG erforderlich ist. Nur ein derartiges Amtshilfeniveau ermöglicht die Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen durch die deutsche Steuerverwaltung unabhängig von den Angaben des Steuerpflichtigen, sowie der vom Steuerpflichtigen vorgelegten Nachweise und ist wirksam in der Lage, Missbrauch vorzubeugen.
Die Gewährleistung ausreichender Amtshilfemaßnahmen kann angenommen werden, wenn der jeweilige Drittstaat den OECD- Standard für Transparenz und effektiven Informationsaustausch auf Ersuchen im Sinne des § 4 Absatz 2 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 des Steueroasen-Abwehrgesetzes im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland umgesetzt hat. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Staat das Übereinkommen vom 25. Januar 1988 über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen, ggf. in der Fassung des Änderungsprotokolls vom 27. Mai 2010, ratifiziert hat oder diesem beigetreten ist und nicht durch Hinterlegung eines wirksamen Vorbehalts die Amtshilfe in Bezug auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen hat. Der OECD-Standard ist daneben beispielsweise auch gewahrt, wenn der Drittstaat mit der Bundesrepublik Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, das einen Informationsaustausch entsprechend dem Artikel 26 des OECD-Musterabkommens unter Einschluss der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer beinhaltet. Wird im Einzelfall die Amtshilfe tatsächlich nicht geleistet, ist die vorgenannte Annahme der Gewährleistung ausreichender Amtshilfemaßnahmen in dem Einzelfall widerlegt.
Hinsichtlich der Staaten, die die genannten Voraussetzungen erfüllen, wird auf die Anlage 1 zum „Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen“ (vgl. BMF-Schreiben vom 29. Mai 2019, BStBl I S. 480) in der jeweils geltenden Fassung verwiesen.
Für die Stundung nach § 28 Absatz 3 ErbStG gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Eine Stundung kann für Grundstücke, die in Drittstaaten belegen sind, jedoch nur gewährt werden, wenn dieser Drittstaat neben der Informationsamtshilfe auch zu Beitreibungsamtshilfe verpflichtet ist. Zur Absicherung des Steueraufkommens und zur Durchsetzung der Ansprüche ist es notwendig, dass der Grundbesitz in einem Drittstaat belegen ist, der aufgrund völkervertraglicher Abkommen oder Übereinkommen verpflichtet ist, der Bundesrepublik Deutschland Amtshilfe bei der Beitreibung erbschaftsteuerlicher Forderungen gemäß einem dem Artikel 27 des OECD-Musterabkommens 2017 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen entsprechenden Artikel in einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Bezug auf die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer zu leisten.
Der Erlass ist auf alle noch offenen Fälle anzuwenden.
Fundstelle
Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden vom 19. Juni 2024, 12-36-S 3812c/2024-001/001.