Berücksichtigung von Beteiligungsverlusten bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG
Der Verlust der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, kann auch im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewinnmindernd berücksichtigt werden (entsprechend § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Für den Zeitpunkt und den Umfang des Betriebsausgabenabzugs ist maßgeblich, wann und in welcher Höhe die für den Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind. Auf die Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung eines Beteiligungsverlusts im Privatvermögen nach § 17 Abs. 4 EStG kann in diesem Zusammenhang nicht zurückgegriffen werden. Dies hat der BFH in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Der Kläger war zu 50 % an der 1988 gegründeten X GmbH (GmbH) beteiligt. Darüber hinaus erbrachte er im Rahmen eines gewerblichen Einzelunternehmens Beratungsleistungen und vermietete Wirtschaftsgüter, unter anderem an die GmbH.
Seinen Gewinn aus dem gewerblichen Einzelunternehmen hatte der Kläger zunächst durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. In den Bilanzen zum 31.12.2003, zum 31.12.2004 und zum 31.12.2005 hatte er sowohl die GmbH-Beteiligung mit einem Wert von 79.250,24 € als auch diverse Darlehensforderungen in Höhe von zuletzt 144.466,81 € (2005) gegen die GmbH aktiviert. Diese Forderungen beruhten auf Darlehen, die zum Teil seine Mutter (in den Jahren 1998 und 2000) und zum Teil er selbst (in den Jahren 2000, 2002 und 2005) der GmbH gewährt hatte. Eine Betriebsprüfung bei der GmbH im Jahr 2005 hatte die von der Mutter und ebenso das von ihm im Jahr 2000 gewährte Darlehen als verdeckte Einlagen behandelt.
Für das Jahr 2006 legte der Kläger keine Bilanz vor, sondern lediglich eine vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung. Für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011 reichte er bei dem seinerzeit noch zuständigen Betriebsfinanzamt keine Feststellungserklärungen mehr ein, so dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb geschätzt werden mussten. In der Folgezeit legte der Kläger für die Jahre 2009 bis 2011 Einnahmen-Überschuss-Rechnungen vor. Für die Jahre 2012 und 2013 reichte er beim Finanzamt Einkommensteuererklärungen ein, in denen er seine gewerblichen Einkünfte ebenfalls durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt hatte.
Bereits im Jahr 2007 hatte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb eingestellt. Im Jahr 2008 war über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hatte im Juli 2008 berichtet, die GmbH sei spätestens seit dem 31.12.2000 überschuldet gewesen. Stille Reserven hätten nicht existiert. Eine Fortführung des Unternehmens sei ausgeschlossen. Nennenswerte liquide Mittel seien nicht vorhanden. Selbst die Gläubiger im Sinne von § 38 der Insolvenzordnung (InsO) hätten nur eine äußerst geringe Quote zu erwarten (0,1 %). Einer im Juni 2013 beantragten Einstellung des Insolvenzverfahrens nach § 213 InsO kam das Amtsgericht nicht nach, weil ein Gläubiger nicht zum Forderungsverzicht bereit gewesen war.
Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2012 erklärte der Kläger einen Verlust aus der Auflösung der GmbH gemäß § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Das Finanzamt erkannte diesen Verlust nicht an. Die Einsprüche gegen den Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 27.04.2016 und den am selben Tage ergangenen Einkommensteuerbescheid für das weitere Streitjahr 2013 blieben insoweit ohne Erfolg.
Die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf hatte im ersten Rechtsgang keinen Erfolg. Auf die Revision des Klägers hin hob der Bundesfinanzhof (BFH) dieses Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück (BFH, Urteil vom 19.11.2019, IX R 7/19, BFH/NV 2020, 675).
Im zweiten Rechtsgang beantragte der Kläger zusätzlich, mit einem weiteren Hilfsantrag, die Berücksichtigung des Verlustes bei den gewerblichen Einkünften für das Jahr 2013. Das Finanzgericht wies die Klage erneut ab.
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und erneut zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die Beteiligung des Klägers an der GmbH und die streitigen Darlehensforderungen bis 2013 zum Betriebsvermögen seines Gewerbebetriebs gehört haben.
Die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zum notwendigen Betriebsvermögen eines Einzelgewerbetreibenden gehört, verliert diese Zuordnung nicht dadurch, dass sich die Umstände ändern, die ihre Eigenschaft als notwendiges Betriebsvermögen begründet haben, sondern grundsätzlich erst dadurch, dass der Steuerpflichtige sie aus dem Betriebsvermögen entnimmt.
Der Verlust der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, kann auch im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewinnmindernd berücksichtigt werden (entsprechend § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG).
Für den Zeitpunkt und den Umfang des Betriebsausgabenabzugs ist maßgeblich, wann und in welcher Höhe die für den Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Mittel endgültig verlorengegangen sind.
Auf die Rechtsprechungsgrundsätze zur Berücksichtigung eines Beteiligungsverlusts im Privatvermögen nach § 17 Abs. 4 EStG kann in diesem Zusammenhang nicht zurückgegriffen werden.
Bei einem Übergang vom Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) zur Einnahmen-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ist im ersten Jahr nach dem Übergang (Übergangsjahr) ein Übergangsgewinn zu ermitteln.
Fehler bei der Ermittlung des Übergangsgewinns im Übergangsjahr können nur durch eine Änderung des Einkommensteuerbescheids für das Übergangsjahr korrigiert werden.
Mangels tatsächlicher Feststellungen vermag der Senat jedoch nicht zu beurteilen, ob der Kläger in den Streitjahren weitere abziehbare Ausgaben für die Beteiligung getätigt hat.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 31. Januar 2024 (X R 11/22), veröffentlicht am 29. August 2024.