Vorsteuerabzug bei Lieferung von Mieterstrom

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei der Lieferung von Strom, den der Vermieter von Wohnraum über eine Photovoltaikanlage selbst erzeugt und an seine Mieter gegen Entgelt abgibt, nicht um eine unselbständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien (langfristigen) Vermietung von Wohnraum, sondern um eine selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistung, die zum Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen berechtigt.

Hintergrund

Der Kläger vermietet mehrere Wohnungen umsatzsteuerfrei und hatte im Streitjahr auf dem Dach der Häuser Photovoltaikanlagen installiert. Den erzeugten Strom speicherte der Kläger und lieferte ihn an die Mieter zu einem handelsüblichen Preis. Die jährliche Abrechnung erfolgte über einzelne Zähler mit einer individuellen Abrechnung für jeden Mieter. Hierzu schloss der Kläger mit den Mietern eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag, in der u.a. geregelt war, dass der Stromlieferungsvertrag mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden kann. Im Übrigen hatte der Mieter für einen anderweitigen Bezug des Stroms die dafür erforderlich werdenden Umbaukosten (ca. 500 €) zu tragen. Die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen des Installationsbetriebs machte der Kläger steuermindernd geltend.

Das Finanzamt versagte den Abzug mit der Begründung, dass die Stromlieferung eine unselbstständige Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Vermietung sei. Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg (siehe Blogbeitrag vom 16. Juni 2021).

Entscheidung des BFH

Der BFH wies die Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Die Lieferung von Strom an die Mieter ist eine eigenständige umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung, die sich von der ansonsten steuerfreien Vermietung unterscheidet. Die Mehrwertsteuer aus dem Kauf der Photovoltaikanlagen ist als Vorsteuer abzugsfähig.

Das Recht auf Vorsteuerabzug setzt einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen voraus. Das Recht auf Vorsteuerabzug ist nur dann gegeben, wenn die Ausgaben Teil der Kostenelemente der besteuerten Ausgangsumsätze sind und zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Im Hinblick auf die Lieferung von Strom an Mieter, den der Vermieter - wie im Streitfall - teilweise selbst erzeugt oder bei Bedarf Reststrom von einem Energieversorger zur Lieferung an seine Mieter gegen Entgelt zukauft, stellte der Bundesfinanzhof fest, dass die Kosten des Vermieters für die Anschaffung einer Photovoltaikanlage nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit der umsatzsteuerfreien Vermietung von Wohnraum stehen, sondern mit den umsatzsteuerpflichtigen Stromlieferungen. Der Kläger berechnet marktübliche Strompreise und deckt damit zumindest die Kosten seiner Photovoltaikanlagen. Die Kosten für die Photovoltaikanlage sind auch Kostenelemente seiner versteuerten Ausgangsumsätze.

In seiner Entscheidung fasst das oberste Finanzgericht die Punkte, die für eine gesonderte Lieferung (in Abgrenzung zur mehrwertsteuerbefreiten Wohnraummiete) sprechen, wie folgt zusammen:

  • Abrechnung des Stromverbrauchs mit den Mietern über individuelle (Unter-)Zähler.
  • Individuelle (Zusatz-)Vereinbarungen mit den Mietern über die Lieferung von Strom, die Kündigungsmöglichkeiten vorsahen, welche sich von denen im Mietvertrag unterscheiden.
  • Gemäß der Zusatzvereinbarung haben die Mieter die notwendigen Umbau- und Renovierungskosten zu tragen, wenn sie zu einem anderen Stromanbieter wechseln.
  • Die vertragliche Freiheit des Mieters, seinen Stromlieferanten zu wählen.
  • Die Behandlung der Stromlieferung durch den Vermieter an seine Mieter als eigenständige Hauptleistung gewährleistet eine gleichmäßige Besteuerung des Endverbrauchs, da hier der Stromlieferant mit anderen Stromlieferanten im Wettbewerb steht.

Im Übrigen, so der BFH, dürfe gemäß § 42a des Energiewirtschaftsgesetzes die Lieferung von Mieterstrom an Endverbraucher nicht Bestandteil des Mietvertrags sein,

Fundstelle:

BFH, Urteil vom 17. Juli 2024, XI R 8/21 – veröffentlicht am 26. September 2024.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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