Zu den Besteuerungsfolgen der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs entweder gegen Versorgungsleistungen oder unter Vorbehalt des Nießbrauchs
Während die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Beachtung der Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen unter § 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung ‑EStDV‑ (seit 1999 § 6 Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑EStG‑) fällt, greift diese Norm bei der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs nicht ein. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Streitig ist die Entstehung eines Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG).
Der Vater der Klägerin übertrug ein Grundstück, auf dem sich ein Hotelgebäude befindet, sowie drei weitere Grundstücke auf die Klägerin und den Beigeladenen je zum hälftigen ideellen Miteigentumsanteil im Wege der Schenkung. In dem Vertrag wurde dem Vater ein Nießbrauchsrecht an dem Grundstück eingeräumt.
In der Folge wurde eine von der Klägerin unterzeichnete Feststellungserklärung für die GbR abgegeben, mit der Einkünfte aus Gewerbetrieb erklärt wurden. In dem beigefügten Jahresabschluss wurden die vom Vater angesetzten Buchwerte fortgeführt (Buchwertfortführung gem. § 7 Abs. 1 EStDV, die letztmals für das Wirtschaftsjahr, das vor dem 1.1.1999 endet anwendbar war). Es wurde keine Betriebsaufgabe erklärt.
Im Jahr 2012 löste sich die GbR durch Austritt der Klägerin auf. Als das Finanzamt daraufhin einen gewerblichen Veräußerungsgewinn versteuern wollte, wandte die Klägerin ein, dass es sich bei der Veräußerung um ein rein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG handele, das steuerfrei sei.
Ihr Vater habe das Grundstück durch den notariellen Vertrag, mit dem er dieses auf die Klägerin und ihren Bruder übertragen habe, aus dem Gewerbebetrieb entnommen. Er habe durch das Nießbrauchsrecht die Erwerbsquelle für sich aufrechterhalten und somit den bisherigen Verpachtungsbetrieb als ruhenden Gewerbebetrieb fortgeführt. Die Schenkung des Betriebsgrundstücks sei auf Grund des Nießbrauchsvorbehaltes im Privatbereich vollzogen worden und setze eine Entnahme zwingend voraus.
Die Klage vor dem Finanzgericht Bremen hatte keinen Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Während die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Beachtung der Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen unter § 7 Abs. 1 EStDV (seit 1999 § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG) fällt, greift diese Norm bei der unentgeltlichen Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs nicht ein (Bestätigung der Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 25.01.2017 - X R 59/14, BStBl II 2019, 730, Rz 40).
Die unentgeltliche Übertragung eines verpachteten Gewerbebetriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs führt beim Übertragenden im Fall der Fortführung der gewerblichen Verpachtungstätigkeit nicht zu einer steuerbegünstigten Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG, sondern zur Entnahme der übertragenen Wirtschaftsgüter. Der Vorbehaltsnießbraucher führt den verpachteten Gewerbebetrieb infolge der fehlenden Einstellung seiner gewerblichen Verpachtungstätigkeit fort.
Beim Tod des Vorbehaltsnießbrauchers geht ‑vorbehaltlich einer zuvor von ihm abgegebenen Aufgabeerklärung‑ sein dann weiterhin bestehender gewerblicher Verpachtungsbetrieb nach § 7 Abs. 1 EStDV bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG auf den Erwerber (Erben) über. Zu diesem Zeitpunkt werden die bisher im Privatvermögen des Erwerbers befindlichen Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert in das Betriebsvermögen eingelegt.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 8. August 2024 (IV R 1/20), veröffentlicht am 24. Oktober 2024.