Rat der EU: Einigung über Anpassungen bei der Mehrwertsteuer an digitales Zeitalter

Der Rat hat am 5. November 2024 Einigung über neue Maßnahmen erzielt, mit denen die EU-Vorschriften über die Mehrwertsteuer an das digitale Zeitalter angepasst werden sollen. Mit neuen Bestimmungen für elektronische Rechnungen und die Echtzeitmeldung von Daten sowie über digitale Plattformen abgewickelte Geschäfte soll dieses Gesetzgebungspaket zur Bekämpfung von Steuerbetrug beitragen, Unternehmen unterstützen und die Digitalisierung fördern.

I. Hintergrund und Ausblick

Nach über zweijährigen Debatten haben sich die Minister nun auf ein Gesetzespaket verständigt. Es umfasst Vorschriften für die Umsatzsteuermeldung in Echtzeit auf Basis der elektronischen Rechnung sowie für Geschäfte, die über digitale Plattformen abgewickelt werden. Zudem sollen One-Stop-Shops eingerichtet beziehungsweise ausgebaut werden, damit sich Unternehmen nicht in jedem Mitgliedstaat Mehrwertsteuerregistrierungen ausgesetzt sehen.

Die Richtlinie und die Verordnung unterliegen einem besonderen Gesetzgebungsverfahren. Im Rat ist für alle drei Rechtsakte Einstimmigkeit erforderlich. Das Europäische Parlament wurde gehört und hat seine Stellungnahme am 22. November 2023 abgegeben. Aufgrund der wesentlichen Änderungen, die der Rat an der Richtlinie vorgenommen hat, wird das Europäische Parlament jedoch erneut zu dem vereinbarten Text gehört werden. Anschließend muss der Text vom Rat förmlich angenommen werden, bevor er im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird und in Kraft tritt.

II. Das Maßnahmenpaket – ein Überblick

Dieses umfasst drei Rechtsakte - eine Richtlinie, eine Verordnung und eine Durchführungsverordnung. Zusammen sollen die neuen Vorschriften die folgenden Änderungen an drei verschiedenen Aspekten des MwSt-Systems bewirken:

  • vollständige Digitalisierung der MwSt-Meldepflichten für grenzüberschreitende Umsätze bis 2030,
  • Verpflichtung von Online-Plattformen zur Zahlung von MwSt für Kurzzeitvermietung von Unterkünften und für Personenbeförderung in den meisten Fällen, in denen einzelne Dienstleistungserbringer keine MwSt erheben,
  • Verbesserung und Ausweitung der einzigen Anlaufstellen für die MwSt im Internet, damit Unternehmen nicht in allen Mitgliedstaaten, in denen sie tätig sind, eine kostspielige MwSt-Registrierung vornehmen müssen.

III.  Die Maßnahmen in Kürze

1. Digitales Echtzeit-Meldesystem mittels elektronischer Rechnungen

Unternehmen stellen elektronische Rechnungen für grenzüberschreitende Transaktionen zwischen Unternehmen aus und melden damit die Daten automatisch an ihre Steuerverwaltung. Dies wird auf den bestehenden europäischen Standard für die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen gestützt sein. Die nationalen Steuerbehörden werden die Daten dann über ein neues IT-System austauschen.

2. Geschäftsabwicklungen über digitale Plattformen

Gemäß den neuen Vorschriften sind die Betreiber der Plattformwirtschaft für die Erhebung und Abführung der MwSt in den Fällen zuständig, in denen ihre Dienstleistungserbringer die MwSt nicht selbst zahlen (nach dem Modell des „fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers“). Die Plattformen müssen die MwSt direkt beim Kunden erheben und sie an die Steuerbehörden abführen. Dabei wurde den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität eingeräumt, indem die Definition der Kurzzeitvermietung von Unterkünften für Steuerzwecke erweitert wurde und die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) von den Vorschriften über fiktive Lieferer/Dienstleistungserbringer auszunehmen.

3. One-Stop-Shop für die MwSt-Registrierung

Der Anwendungsbereich der bestehenden einzigen Anlaufstellen wird ausgeweitet; er betrifft jetzt nicht nur grenzüberschreitende Lieferungen, sondern auch die Verkäufe an Verbraucher von bestimmten Produkten, wie etwa Strom oder Gas, die innerhalb eines anderen Mitgliedstaats als ihrem eigenen getätigt werden. Dazu gehören auch Situationen, in denen Unternehmen lediglich Lagerbestände in einen anderen Mitgliedstaat verlegen wollen.

Die Verlagerung der Zahlung der MwSt auf den Käufer im Rahmen der „Umkehrung der Steuerschuldnerschaft“ ist bereits jetzt schon in einigen Situationen möglich, wird aber künftig verbindlich werden.

Entgegen einem früheren Vorschlag werden die bestehende Bestimmungen des fiktiven Lieferers/Dienstleistungserbringers – wonach die Zuständigkeit für die Erhebung der MwSt bei den Plattformen und nicht bei den zugrunde liegenden Lieferern liegt – nicht auf alle von Online-Plattformen gelieferten Gegenstände und nicht auf unternehmensinterne Verbringungen von Gegenständen ausgeweitet.

Quelle:

Rat der Europäischen Union, Pressemitteilung vom 5. November 2024.

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