EuGH: Verstößt höhere Schenkungsteuer bei Errichtung einer ausländischen Familienstiftung gegen freien Kapitalverkehr?
Aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Finanzgerichts Köln ist der Europäische Gerichtshof mit der Frage befasst, ob einer in Liechtenstein ansässigen Familienstiftung das für inländische Familienstiftungen geltende Steuerklassenprivileg im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer vorenthalten werden darf. Der Generalanwalt sieht darin in seinen heutigen Schlussanträgen keinen Verstoß gegen EU-Recht.
Hintergrund
Das Finanzgericht sieht in der unterschiedlichen Behandlung einer in Liechtenstein ansässigen Familienstiftung und einer inländische Familienstiftungen möglicherweise einen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit und hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg insofern die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Steht Artikel 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) der erbschaftsteuerlichen Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, wonach für die Besteuerung des Übergangs von Vermögen auf Grund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden an eine ausländische Stiftung auch dann die höchste Steuerklasse III zugrunde gelegt wird, wenn die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist (Familienstiftung), während es im entsprechenden Fall bei einer inländischen Familienstiftung zur Anwendung der günstigeren Steuerklassen I oder II kommt?
Mehr zum Vorlagebeschluss im Blogbeitrag vom 12. März 2024.
Schlussanträge des Generalanwalts
Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 steht nach Dafürhalten von Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona einer Regelung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union nicht entgegen, die bei der Regelung der Schenkungsteuer, die auf die Errichtung einer Stiftung mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums durch eine in dem Mitgliedstaat ansässige Person anwendbar ist, zur Wahrung der steuerlichen Kohärenz dieser Regelung ungünstigere steuerliche Bedingungen vorsieht als für die Errichtung einer Stiftung mit Sitz in dem Mitgliedstaat, und zwar als symmetrisches Gegenstück dazu, dass die Stiftung mit Sitz im Ausland keiner Ersatzerbschaftsteuer unterliegt, die dagegen von Stiftungen mit Sitz in dem Mitgliedstaat zu entrichten ist.
Der Gesetzgeber, so der Generalanwalt, verfolgte nämlich mit der Einfügung der Ersatzerbschaftsteuer das Ziel, Stiftungskonstruktionen in Bezug auf die Erbschaftsbesteuerung typisiert dem natürlichen Erbgang durch eine turnusmäßige Besteuerung gleichzustellen. Dies konnte er jedoch nur für inländische Familienstiftungen regeln; hinsichtlich ausländischer Familienstiftungen hatte und hat der deutsche Gesetzgeber keine Möglichkeit, die Ersatzerbschaftsteuer zu erheben (Randziffern 62ff.)
Die ausführlichen Schlussanträge finden Sie hier.
Eine englische Zusammenfassung finden Sie hier.