Die neue Heavy-Duty Vehicles Verordnung: Diese Vorgaben sind bei der Beschaffung von Bussen und Verkehrsleistungen zu beachten

Mit der Verordnung (EU) 2024/1610, auch bekannt als Heavy-Duty Vehicles Verordnung (HDV-Verordnung), hat der europäische Gesetzgeber neue Regelungen zur Beschaffung von emissionsfreien Stadtbussen und zur Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen über Verkehrsleistungen mit solchen Bussen eingeführt. Die Verordnung wurde am 6. Juni 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union verkündet und gilt für alle Beschaffungsverfahren, die seit dem 1. Juli 2024 eingeleitet wurden. Neben diesen von öffentlichen Auftraggebern zu beachtenden Regelungen enthält die Verordnung auch an Fahrzeughersteller adressierte Regelungen über CO2-Zielwerte der Fahrzeugflotte des jeweiligen Herstellers.

Verfasst von Dr. Georg Queisner und Alexander Hülsmann

Hintergrund und bislang zu beachtende Regelungen

Seit dem Inkrafttreten der Clean-Vehicle-Directive (CVD) (wir berichteten hier) im Jahr 2019 und der Umsetzung der Richtlinie durch den deutschen Gesetzgeber im Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz sind Auftraggeber gehalten, in größerem Umfang emissionsfreie Fahrzeuge und Verkehrsleistungen mit diesen Fahrzeugen zu beschaffen.

Die neue HDV-Verordnung gibt nun verbindliche Regelungen für die Durchführung des Vergabeverfahrens zur Beschaffung dieser Leistungen vor. Die Regelungen müssen nicht durch den nationalen Gesetzgeber umgesetzt werden, sondern gelten unmittelbar. Ziel der Regelungen ist es, ökologisch nachhaltige Beschaffungen zu veranlassen und die Versorgungssicherheit im Verkehrsbereich zu verbessern.

Neue Vorgaben für das Vergabeverfahren aufgrund der HDV-Verordnung

Die Regelungen der Verordnung (EU) 2024/1610 betreffen sowohl den Kauf, die Miete, das Leasing und den Mietkauf von neuen emissionsfreien Stadtbussen als auch die Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen über Verkehrsdienste mit solchen Stadtbussen. Stadtbusse im Sinne der Verordnung sind Niederflurbusse der Fahrzeugklasse M3 im Sinne der Verordnung (EU) 2018/858. Die Regelungen der Verordnung sind jedoch nicht auf Stadtbusse anwendbar, deren technisch zulässige Gesamtmasse in beladenem Zustand (TPMLM) 7,5 Tonnen nicht überschreitet (vgl. Erwägungsgrund 28 der VO (EU) 2024/1610).

Die Verordnung sieht vor, dass der öffentliche Auftraggeber bei den oben aufgeführten Beschaffungen den Zuschlag auf das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis erteilen muss. Sie enthält sodann Vorgaben über die von dem Auftraggeber einzubeziehenden Zuschlagskriterien bzw. technischen Spezifikationen.

Vom Auftraggeber zwingend anzuwendende Zuschlagskriterien bzw. technische Anforderungen

Auftraggeber haben mindestens zwei der in der Verordnung genannten qualitativen Kriterien als Zuschlagskriterien oder Mindestanforderungen bei der Ausschreibung einzubeziehen. Die Kriterien sind:

  • Anteil der Produkte aus Drittländern bei Angeboten, aus Ländern, die nicht Vertragsparteien des GPA sind oder kein Freihandelsabkommen mit der Union geschlossen haben, das auch Vorschriften über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen enthält;
  • Verfügbarkeit wesentlicher Ersatzteile für den Betrieb der Fahrzeuge;
  • Zusage des Bieters, dass sich Änderungen der Lieferkette während der Ausführung des Auftrags nicht nachteilig auf diese auswirken;
  • Bescheinigungen bzw. Dokumentation, wonach die Lieferkette des Bieters so organisiert ist, dass er die Anforderungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit erfüllen kann;
  • Kriterien im Bereich der ökologischen Nachhaltigkeit, die über die Mindestanforderungen gemäß den geltenden Rechtsakten der Union hinausgehen.

Mindestens eines dieser qualitativen Kriterien muss sich dabei auf die Anforderungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit, d. h. auf die zuerst genannten vier Aspekte, beziehen.

Der Auftraggeber kann weitere Kriterien anwenden. Sofern er Kriterien aus dem Bereich der Versorgungssicherheit als Zuschlagskriterien einbezieht, ist er allerdings verpflichtet, diese mindestens mit 15 %, höchstens mit 40 % zu gewichten.

Auswirkungen auf das Vergabeverfahren zur Busbeschaffung

Die Vorschriften haben zur Folge, dass Auftraggeber die Beschaffung von emissionsfreien Fahrzeugen noch genauer planen sollten als bislang erforderlich. Durch sie wird die Entscheidungsfreiheit des Auftraggebers eingeschränkt. Regelmäßig werden Auftraggeber aber ohnehin aus organisatorischen oder wirtschaftlichen Erwägungen Anforderungen an die Versorgungssicherheit oder Nachhaltigkeit der Busse in das Vergabeverfahren einbeziehen wollen.

Dem Auftraggeber stehen dabei grundsätzlich zwei Wege offen, die oben aufgeführten Aspekte im Bereich Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit zu berücksichtigen: Er kann sie zu Mindestanforderungen oder zu Zuschlagskriterien im Vergabeverfahren machen. Diese Entscheidung sollte reiflich überlegt sein. Gerade aktuell ist aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers nicht sicher, ob Bieter die Kriterien erfüllen können. Werden diese zu Mindestanforderungen gemacht, kann dies im schlechtesten Fall dazu führen, dass der Auftraggeber keine geeigneten Angebote erhält. Gleichwohl ist zu erwarten, dass sich Hersteller kurzfristig auf die neuen Anforderungen einstellen werden.

Auswirkungen auf das Vergabeverfahren zur Beschaffung von Verkehrsleistungen

Für öffentliche Auftraggeber stellt sich die Frage, wie die Kriterien in das Vergabeverfahren einbezogen werden können. Relevant ist dies vor allem für wettbewerblich vergebene Dienstleistungsaufträge und -konzessionen. Interne Betreiber dürften die Vorgaben regelmäßig erfüllen, weil sie als öffentliche Auftraggeber bei der Fahrzeugbeschaffung ebenfalls in den Anwendungsbereich der HDV-Verordnung fallen.

Aus Sicht der Verkehrsunternehmen dürften die neuen Regelungen dazu führen, dass solche Bieter, die Aspekte der Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit bei der Beschaffung ihrer Fahrzeuge bereits in der Vergangenheit berücksichtigt haben, bessere Chancen haben, den Zuschlag im jeweiligen Vergabeverfahren zu erhalten.

Fazit

Die neue HDV-Verordnung enthält zwingend zu beachtende Vorgaben für Vergabeverfahren zur Beschaffung von emissionsfreien Stadtbussen sowie für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen, bei denen diese Busse eingesetzt werden. Auftraggeber sollten sich mit den Regelungen genau auseinandersetzen und abwägen, welche der Kriterien in das Vergabeverfahren einbezogen werden. Mitunter können sich weitreichende Folgen für das Vergabeverfahren oder die jeweils beschaffte Leistung ergeben.

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