Verzinsung von zu erstattenden Kapitalertragsteuerbeträgen

Ausländische Anteilseignergesellschaften, denen einbehaltene Kapitalertragsteuer auf Gewinnausschüttungen nach Art. 5 der Mutter-Tochter-Richtlinie i.V.m. § 50d Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. (heute § 50c Abs. 3 Satz 1 EStG) zu erstatten ist, haben auf der Grundlage des Unionsrechts einen Verzinsungsanspruch, wenn ihnen die Erstattung der Steuerbeträge unter Verstoß gegen das Unionsrecht vorenthalten wird oder die Kapitalertragsteuer von vornherein unter Verstoß gegen das Unionsrecht einbehalten wird. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Hintergrund

Die Entscheidung dürfte eine beträchtliche finanzielle Tragweite für den Fiskus haben. In der Vergangenheit hatte das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vielen ausländischen Anteilseignern die Erstattung von Kapitalertragsteuer unter Berufung auf § 50d Abs. 3 EStG (i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13.12.2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) verweigert, was nach den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) Deister Holding und Juhler Holding vom 20.12.2017 - C 504/16 und C 613/16 (EU:C:2017:1009) jedoch gegen das Unionsrecht verstieß. In all diesen Fällen kann es nunmehr zur Festsetzung von Zinsen kommen.

Sachverhalt

Im Streitfall hatte eine deutsche Aktiengesellschaft (AG) Gewinnausschüttungen an eine österreichische Muttergesellschaft vorgenommen.

Für drei der Gewinnausschüttungen wurde die Erstattung der von der AG einbehaltenen Kapitalertragsteuer im Erstattungsverfahren vom BZSt unter Verstoß gegen das Unionsrecht gemäß § 50d Abs. 3 EStG 2007 abgelehnt. Für eine weitere Gewinnausschüttung war der österreichischen Muttergesellschaft zunächst eine sog. Freistellungsbescheinigung erteilt worden, nach der die AG keine Kapitalertragsteuer hätte einbehalten müssen.

Diese Freistellungsbescheinigung wurde vom BZSt unter Berufung auf § 50d Abs. 3 EStG 2007 in unionsrechtswidriger Weise widerrufen. Das BZSt hatte nach Ergehen der EuGH-Entscheidung Deister Holding und Juhler Holding die Kapitalertragsteuer im Rahmen der zeitweise ruhenden Einspruchsverfahren erstattet. Die allein streitgegenständlichen Verzinsungsanträge der österreichischen Muttergesellschaft hatte es abgelehnt.

Eine Verzinsung für erstattete Kapitalertragsteuerbeträge sei nicht zu gewähren, wenn die Steuer unter Abhilfe eines Einspruchs erstattet werde.

Das Finanzgericht Köln gab der Klage hingegen teilweise statt (siehe unseren Blogbeitrag).

Entscheidung des BFH

Der BFH entschied, dass der österreichischen Muttergesellschaft eine Verzinsung nach dem unionsrechtlichen Zinsanspruch zustehe.

Der Zinslauf beginne in Fällen, in denen ohne ein vorheriges Freistellungsbescheinigungsverfahren die Erstattung der Kapitalertragsteuer beantragt und im Erstattungsverfahren in unionsrechtswidriger Weise vorenthalten werde, drei Monate nach der Einreichung eines formal ordnungsgemäßen Erstattungsantrags. Er ende mit dem Tag der Auszahlung des Erstattungsbetrags.

In Fällen, in denen eine zunächst erteilte Freistellungsbescheinigung unter unionsrechtswidriger Bezugnahme auf § 50d Abs. 3 EStG 2007 vom BZSt widerrufen werde, beginne der Zinslauf mit dem Tag des Einbehalts der Kapitalertragsteuer durch die AG und ende mit dem Tag der Auszahlung des Erstattungsbetrags.

Schließlich klärte der BFH, dass die Zinsen für die jeweiligen Verzinsungszeiträume taggenau und für Verzinsungszeiträume vor dem 01.01.2019 mit 6% p.a. zu berechnen sind.

Fundstelle

BFH, Urteil vom 25. Februar 2025 (VIII R 32/21), veröffentlicht am 15. Mai 2025, vgl. die Pressemitteilung 030/25.

Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.

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