Neustrukturierung des Gesellschafterkreises nach dem StaRUG

Im Kontext der aktuellen wirtschaftlichen Lage gewinnt die Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen zunehmend an Bedeutung. In Krisensituationen haben Unternehmen die Möglichkeit, durch gezielte Anpassungen der Gesellschafterstruktur und der Beteiligungsverhältnisse flexibel auf wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren und damit der Schieflage des Unternehmens entgegenzuwirken.

Verfasst von Dr. Thorsten Ehrhard

Hintergrund und Ziel des StaRUG

Das zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (auch Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, kurz StaRUG) bietet Unternehmen in wirtschaftlichen Krisensituationen einen rechtlichen Rahmen, um eine frühzeitige und nachhaltige Restrukturierung zu ermöglichen. Es ergänzt damit die bewährten Instrumente aus dem Insolvenzverfahren einerseits und außergerichtlicher Sanierung andererseits.

Neben weiteren Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen zur Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit und zur Wiederherstellung der Bestandsfähigkeit der Schuldnerin kann der Restrukturierungsplan nach dem StaRUG auch unterschiedlichste gesellschaftsrechtliche Maßnahmen nach insolvenzplanrechtlichem Vorbild vorsehen. Nach der Generalklausel des §§ 2 Abs. 3, 7 Abs. 4 StaRUG sind dabei solche Regelungen möglich, die gesellschaftsrechtlich zulässig sind. Hierzu zählen insbesondere die Umgestaltung, Neuregelung oder Übertragung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten (§ 2 Abs. 3 StaRUG).

Damit sieht das StaRUG eine Möglichkeit der Sanierung vor, die bisher nur nach der Insolvenzordnung bestand. Die Sanierungsmaßnahmen erlauben bereits im vorinsolvenzlichen Stadium die seit 2012 mit dem ESUG in § 217 Abs. 1 S. 2 n.F., § 225a InsO eingeführte Möglichkeit der Umgestaltung von Anteils- und Mitgliedschaftsrechten (Esser in: Braun, StaRUG, 1. Auflage 2021, § 2 Rn. 30).

Maßnahmen zur Neustrukturierung des Gesellschafterkreises nach dem StaRUG

Die Neustrukturierung des Gesellschafterkreises nach dem StaRUG ist ein zentraler Aspekt zur Stabilisierung von Unternehmen und kann auf verschiedene Weise erfolgen. Der Restrukturierungsplan kann die Umgestaltung, Neuregelung oder Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten vorsehen.

  • Zu den häufigsten in der Sanierung eingesetzten Maßnahmen zählt der sog. Debt-Equity-Swap, welcher ausdrücklich in § 7 Abs. 4 S. 1 StaRUG vorgesehen ist und zu dessen Durchführung die Zustimmung des jeweiligen Restrukturierungsgläubigers zwingend erforderlich ist (Parzinger/Knebel in: Münchener Kommentar zum StaRUG, 1. Auflage 2023, § 7 Rn. 112). Im Rahmen dieses planbasierten gesellschaftsrechtlichen Eingriffs tauschen die Fremdkapitalgeber wirtschaftlich einen Teil ihrer Forderungen gegen Anteilsrechte an der reorganisierten Gesellschaft ein. Rechtlich geschieht dies, wie in § 7 Abs. 4 S. 3 StaRUG vorgesehen, durch eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung, die Leistung von Sacheinlagen, den Ausschluss von Bezugsrechten oder die Zahlung von Abfindungen an ausscheidende an dem Schuldner beteiligte Personen, wobei § 67 Abs. 5 StaRUG hinsichtlich der Vollwertigkeit der Forderung einen Haftungsausschluss statuiert.
  • Sowohl für das Unternehmen als auch für dessen Gläubiger können sich Vorteile aus einem solchen Vorgehen ergeben. Für das Unternehmen führt der Debt-Equity-Swap durch die damit einhergehende Stärkung des Eigenkapitals zu einer Entschuldung und kann der Beseitigung einer bilanziellen Überschuldung dienen. Die Gläubiger erhalten die Möglichkeit der Partizipation an möglichen künftigen Gewinnen des Unternehmens bei einer erfolgreichen Sanierung. Allerdings besteht für sie auch das Risiko, im Falle eines Insolvenzverfahrens als Anteilsinhaber einen Totalverlust zu erleiden. Die Gläubiger haben demnach regelmäßig im Einzelfall abzuwägen, ob sie zur Teilnahme an einem Debt-Equity-Swap bereit sind.
  • Neben dem Debt-Equity-Swap kommt auch eine Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten aufgrund des Restrukturierungsplans in Betracht, § 7 Abs. 4 S. 4 StaRUG. Vorteil einer Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten in diesem Sinne gegenüber einer Veräußerung des Unternehmens im Wege eines Asset Deals ist insbesondere, dass bestehende Verträge, Lizenzen oder andere Rechtsverhältnisse nicht auf einen neuen Rechtsträger übertragen werden, wofür grundsätzlich eine Zustimmung des Vertragspartners erforderlich wäre. Im Bereich der vorinsolvenzlichen Restrukturierung hat der Gesetzgeber jedoch bewusst auf das Erfordernis der Zustimmung durch die betroffenen Inhaber der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte verzichtet.

    Die Übertragung von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten auf die Gläubiger, verbunden mit einem Forderungsverzicht oder anderen Entschuldungsmaßnahmen, kann in einigen Fällen auch eine weniger komplexe Alternative zum oben genannten Debt-Equity-Swap sein (Tresselt in: Morgen, StaRUG, 2. Auflage 2022, § 7 Rn. 26).
  • Der Auffangtatbestand des § 7 Abs. 4 S. 5 StaRUG bestimmt schließlich, dass der gestaltende Teil des Restrukturierungsplans jede Regelung treffen kann, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist. Die Vorschrift entspricht § 225a Abs. 3 InsO.

    Möglich sind demnach auch alle zulässigen gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen neben den oben aufgeführten Kapitalmaßnahmen. Diese umfassen insbesondere Satzungsänderungen, die Trennung von Anteilsinhabern, die Abberufung oder Neubestellung von Organen, der Abschluss von Unternehmensverträgen im Sinne des § 291 AktG und weitere Maßnahmen.

    Auch durch umwandlungsrechtliche Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz können Änderungen in der Gesellschafterstruktur vorgenommen werden. Der Restrukturierungsplan kann einen Formwechsel im Sinne der §§ 190 ff. UmwG vorsehen. Neben steuerlichen Vorteilen kann der Formwechsel auch eine Veränderung der Corporate Governance-Struktur mit sich bringen und beispielsweise die Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter auf den operativen Geschäftsbetrieb einschränken (Tresselt in: Morgen, StaRUG, 2. Auflage 2022, § 7 Rn. 64).

    Auch bei einem Formwechsel im Rahmen einer Restrukturierung nach dem StaRUG findet die Regelung zum Barabfindungsangebot gemäß § 207 Abs. 1 UmwG grundsätzlich Anwendung. Sie wird jedoch durch die Bestimmungen des StaRUG modifiziert. Sofern ein Anteilsinhaber Widerspruch gegen den Formwechsel erklärt, muss der Schuldner ihm den Erwerb seiner umgewandelten Anteile oder Mitgliedschaften gegen eine angemessene Barabfindung anbieten, deren Höhe sich nach § 7 Abs. 4 Satz 6 i. V. m. § 225a Abs. 5 Satz 1 InsO richtet. Dasselbe gilt für Abfindungsangebote bei Verschmelzungen.

Rechtlicher Schutz der Anteilsinhaber

Der Restrukturierungsrahmen enthält ein verfahrensrechtliches Schutzkonzept zugunsten der Gesellschafter. Dieses sieht nach § 29 Abs. 1 StaRUG zunächst die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners als Zugangsvoraussetzung für den Restrukturierungsrahmen vor. Die Anwendung der in § 29 Abs. 2 StaRUG aufgezählten Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist demnach nur bei solchen Schuldnern möglich, die sich im Stadium der drohenden Zahlungsunfähigkeit befinden. Sofern bereits eine Insolvenzreife - Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO oder Überschuldung im Sinne von § 19 InsO - vorliegt, ist der Zugang zum Restrukturierungsrahmen gesperrt (Kramer in: BeckOK StaRUG, Skauradszun/Fridgen, 16. Edition, Stand: 01.04.2025, § 29 Rn. 6).

Zudem muss der Restrukturierungsplan eine Vergleichsrechnung enthalten, welche die Auswirkungen des Planes auf die Befriedigungsaussichten der Planbetroffenen darstellt (§ 6 Abs. 2 StaRUG).

Geschützt werden die Anteilsinhaber weiter durch ihr Stimmrecht im Rahmen der Planabstimmung, §§ 25 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 StaRUG. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 StaRUG stellen die Inhaber von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten eine eigenständige Gruppe der Planbetroffenen dar, deren Zustimmung zum Plan nach der Maßgabe des § 25 Abs. 1 StaRUG grundsätzlich erforderlich ist. Erforderlich zur Annahme des Restrukturierungsplans ist eine Zustimmung von mindestens drei Viertel der Stimmrechte innerhalb jeder Gruppe. Sofern die erforderliche Mehrheit in einer Gruppe nicht erreicht wird, kann unter Umständen eine gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung nach § 26 StaRUG getroffen werden. Ein Vorgehen nach den Vorschriften des StaRUG ermöglicht damit auch Eingriffe in Gläubigerrechte mittels Mehrheitsentscheidung, wobei jedoch bei allen Kapitalmaßnahmen die jeweiligen Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften nach dem GmbHG und dem AktG zu beachten sind.

Kritik und Herausforderungen

Die im StaRUG statuierten weitreichenden Eingriffsbefugnisse im vorinsolvenzlichen Krisenstadium stoßen im Schrifttum nicht uneingeschränkt auf Zustimmung. Bedenken werden insbesondere im Hinblick auf die in Art. 14 GG niedergelegte Eigentumsgarantie geäußert, deren Schutzbereich auch die Mitgliedschafts- und Anteilsrechte der Gesellschafter an ihrem Unternehmen erfasst. Die Wertlosigkeit der Gesellschaftsanteile werde ohne Weiteres unterstellt, obwohl noch keine materielle Insolvenz der Gesellschaft eingetreten ist (Rieger/Schmitz in: Römermann, Insolvenzordnung, Werkstand: 49. EL Januar 2024, StaRUG § 2 Rn. 35).

Insbesondere wenn durch den Restrukturierungsplan in Rechte der Gesellschafter eingegriffen wird, stellt sich die Frage, ob das Geschäftsführungsorgan vor der Einleitung eines Restrukturierungsverfahrens einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss einholen muss. Diese Frage ist seit dem Inkrafttreten des StaRUG sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur umstritten, da ein Beschlusserfordernis im Gesetz nicht vorgesehen ist.

Zwischenzeitlich haben einige Gerichte entschieden, dass ein Beschlusserfordernis zumindest bei der GmbH besteht, jedenfalls bei der Aktiengesellschaft jedoch darauf verzichtet werden kann, wenn ausreichend glaubhaft gemacht wurde, dass das Vorhaben im Hinblick auf ein Insolvenzverfahren alternativlos ist (AG Nürnberg NZI 2023, 881, 883f.).

Nach einer neueren Entscheidung des OLG Stuttgart bedarf die Einleitung des StaRUG-Verfahrens auch bei Personengesellschaften jedenfalls dann keines vorherigen Gesellschafterbeschlusses, wenn ein Restrukturierungsverfahren die einzige hinreichend erfolgversprechende Alternative zu einem Insolvenzverfahren ist (OLG Stuttgart Beschluss vom 21. August 2024 – 20 U 30/24).

Fazit

Mit der Einführung des StaRUG hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen, bereits im vorinsolvenzlichen Bereich weitreichend in die Rechte der Gesellschafter einzugreifen. Dabei stellt die Neustrukturierung des Gesellschafterkreises einen bedeutenden und meist unentbehrlichen Schritt in Richtung einer erfolgreichen Sanierung und Restrukturierung dar.

Durch die Statuierung der oben beschriebenen Eingriffsbefugnisse ermöglicht das StaRUG den betroffenen Unternehmen nicht nur die frühzeitige Reaktion auf Krisensignale, sondern gibt den Unternehmen auch die hierfür erforderliche Flexibilität, insbesondere im Hinblick auf die Reorganisation der Gesellschafterstruktur, an die Hand. Die Anteilsinhaber selbst werden dabei in erster Linie durch das ihnen im Rahmen der Planabstimmung zustehende Stimmrecht geschützt.

Autoren dieses Beitrags sind Dr. Thorsten Ehrhard und Joanna Exner.

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