Übertragung von Pensionsverpflichtungen – erstmalige Anwendung des § 4f EStG
§ 4f des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Art. 11 Nr. 2 des AIFM-Steuer-Anpassungsgesetzes vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) AIFM-StAnpG findet gemäß § 52 Abs. 12c EStG i.d.F. des Art. 11 Nr. 9 Buchst. a AIFM-StAnpG seit dem 31.07.2014: § 52 Abs. 8 Satz 1 EStG erstmals Anwendung für Schuldübernahmen, Schuldbeitritte und Erfüllungsübernahmen, die in einem nach dem 28.11.2013 endenden Wirtschaftsjahr erfolgen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem aktuellen Urteil entschieden.
Sachverhalt
Streitig ist, ob eine nachträgliche Erhöhung des Entgelts für einen Schuldbeitritt zu bestehenden Pensionsverpflichtungen betrieblich veranlasst war und ob ‑‑im Fall einer betrieblichen Veranlassung‑‑ der entstandene Aufwand der Abzugsbeschränkung des § 4f Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) unterfällt.
Im Streitfall hatte die Klägerin, die ein kalenderjahrgleiches Wirtschaftsjahr hatte, mit ihrer 100%-igen Enkelgesellschaft, der "Pensionsgesellschaft" des Konzerns, im Wirtschaftsjahr 2012 eine Vereinbarung über einen Schuldbeitritt der Pensionsgesellschaft zu den Pensionsverpflichtungen getroffen, die die Klägerin gegenüber ihren Mitarbeitern eingegangen war. Das hierfür an die Pensionsgesellschaft zu zahlende Entgelt berücksichtigte die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2012.
§ 3 Abs. 3 des Beitrittsvertrags sah einen Anpassungsmechanismus im Hinblick auf das von der Klägerin für den Schuldbeitritt zu entrichtende Entgelt vor, der zur Anwendung kommen sollte, falls sich das das unterstellte Zinsniveau (durchschnittlicher Marktzinssatz der vergangenen 7 Jahre bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren gemäß § 253 Abs. 2 S. 2 HGB) im Rahmen eines 10-Jahres-Betrachtungszeitraums ab Vertragsunterzeichnung um mehr als 1 % verändern würde.
Ein im Streitjahr 2013 beauftragter Gutachter prognostizierte eine solche Veränderung zum 31. Dezember 2019 gegenüber dem 31. Dezember 2014. Daher schlossen die Klägerin und die Pensionsgesellschaft im Streitjahr eine Nachtragsvereinbarung über eine rückwirkende Erhöhung des Entgelts für den Schuldbeitritt um 368.779,60 Euro. Einen entsprechenden Aufwand berücksichtigte die Klägerin in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2013.
Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, der Aufwand sei gem. § 4f Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 EStG auf das Streitjahr und die nachfolgenden 14 Jahre zu verteilen.
Die Klage vor dem Finanzgericht Münster hatte Erfolg (siehe unseren Blogbeitrag).
Entscheidung des BFH
Der BFH hat der Revision stattgegeben, die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Grundsätzlich sind bei gegenseitigen Verträgen die zivilrechtlichen Vereinbarungen auch für Zwecke der Besteuerung maßgebend, da der natürliche Interessengegensatz der Vertragspartner im Allgemeinen die Vermutung begründet, dass Ausgaben, die auf einem gegenseitigen Vertrag beruhen, auch im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG durch den Betrieb veranlasst sind. Fehlt es allerdings an einem solchen Interessengegensatz, bedarf es einer konkreten Überprüfung aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls, inwieweit Zahlungen wirtschaftlich auf dem schuldrechtlich Vereinbarten beruhen und damit durch den Betrieb veranlasst sind, oder ob sie aus sonstigen und außerbetrieblich veranlassten Rechtsgründen erbracht werden. Eine derartige Überprüfung hat zu berücksichtigen, ob die Vereinbarungen zivilrechtlich wirksam, klar und eindeutig sind, ihrem Inhalt nach dem zwischen fremden Dritten Üblichen entsprechen und auch tatsächlich durchgeführt werden.
Das Finanzgericht hat wesentliche, für die Interessenlage der Klägerin und der Pensionsgesellschaft bedeutsame Begleitumstände weder hinreichend erforscht noch berücksichtigt.
Mangels hinreichender Feststellungen des Finanzgerichts kann der Senat nicht abschließend über die Frage der betrieblichen Veranlassung der zwischen der Klägerin und der Pensionsgesellschaft geschlossenen Vereinbarungen im Zusammenhang mit dem Schuldbeitritt entscheiden. Die erforderlichen Feststellungen zu Grund und Inhalt der Darlehensvereinbarungen, zur Verknüpfung von Darlehen und Schuldbeitritt sowie zur Durchführung der geschlossenen Verträge wird das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. Auch wird es ‑‑ausgehend von diesen Feststellungen‑‑ eine erneute Gesamtwürdigung vornehmen müssen.
Die Vorschrift des § 4f EStG ist mit dem AIFM-Steuer-Anpassungsgesetz (AIFM-StAnpG) vom 18.12.2013 (BGBl I 2013, 4318) eingeführt worden. Sie ist nach § 52 Abs. 12c EStG i.d.F. des AIFM-StAnpG(seit dem 31.07.2014 und im Folgenden: § 52 Abs. 8 Satz 1 EStG) erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 28.11.2013 enden.
§ 52 Abs. 8 Satz 1 EStG stellt insoweit auf den Zeitpunkt der Schuldübernahme, des Schuldbeitritts beziehungsweise der Erfüllungsübernahme ab. Erfolgt der Schuldbeitritt in einem Wirtschaftsjahr, das nach dem 28.11.2013 endet, findet § 4f EStG Anwendung. Nicht ausreichend ist es demgegenüber ‑‑anders als das Finanzamt meint‑‑, dass ein Aufwand, wie er im Streitfall aus der nachträglichen Entgelterhöhung resultiert, in einem Wirtschaftsjahr entsteht, das nach dem 28.11.2013 endet. Dies folgt aus der Auslegung des § 52 Abs. 8 Satz 1 EStG.
Fundstelle
BFH, Urteil vom 20. März 2025 (IV R 27/22), veröffentlicht am 3. Juli 2025.