Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung von Kapitalertragsteuer

Bundeskabinett beschließt Regierungsentwurf für ein Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz

Am 20. Januar 2021 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung von Kapitalertragsteuer (AbzStEntlModG) beschlossen. Der Entwurf enthält eine Reihe von Änderungen im Vergleich zu dem am 20. November 2020 veröffentlichten Referentenentwurf des BMF. Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte des Regierungsentwurfs zusammenfassend dargestellt. Abweichungen zu dem am 20. November 2020 veröffentlichten Referentenentwurf sind kursiv dargestellt.

Keine beschränkte Steuerpflicht aus der Überlassung oder Veräußerung von Rechten allein wegen deren Eintragung in ein inländisches öffentliches Buch oder Register (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG-E)

Die im Referentenentwurf vorgesehene Beschränkung des Tatbestands zur Besteuerung von Rechteüberlassungen in § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f und Nr. 6 EStG ist im Regierungsentwurf vom 20. Januar 2021 nicht mehr enthalten. Damit können sich inländische Einkünfte, die zur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland führen, auch weiterhin aus der Überlassung oder der Veräußerung von Rechten ergeben, wenn diese in ein inländisches öffentliches Buch oder Register (z.B. Patentregister) eingetragen sind, auch wenn keine Verwertung in einer inländischen Betriebsstätte erfolgt.

Die bestehende Verpflichtung zur Abgabe von Steueranmeldungen bzw. Steuererklärungen bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) Satz 1 und Nr. 6 EStG ist zu beachten. Vgl. hierzu auch das diesbezügliche Schreiben des BMF vom 6.11.2020.

Mit Blick auf Fälle, in denen ein DBA-Schutz besteht, strebt das BMF einen Erlass in Abstimmung mit den Ländern an, mit dem das Steuerabzugsverfahren vereinfacht wird. Zudem soll bis spätestens 31.12.2022 ein Bericht erstellt werden, in dem für Nicht-DBA-Fälle sowohl die Anzahl der betroffenen Steuerpflichtigen als auch die Höhe der seit 2020 festgesetzten Steuern angegeben wird. Für DBA-Fälle, in denen kein Besteuerungsrecht besteht, soll nur die Anzahl der Steuerpflichtigen erfasst werden.

Neufassung von § 50d Abs. 3 EStG

§ 50d Abs. 3 EStG soll neu gefasst werden, um den Erfordernissen des Unionsrechts Rechnung zu tragen. Die Vorschrift enthält zumindest strukturell bekannte Elemente aus der aktuellen Regelung, ändert diese aber inhaltlich:

  1. Die sogenannte persönliche Entlastungsberechtigung, welche den (hypothetischen) Anspruch des Anteilseigners der ausländischen Gesellschaft bei gedachtem Direktbezug der abzugsteuerpflichtigen Zahlungen überprüft, bleibt grundsätzlich erhalten. Jedoch bezieht sich die Vorschrift nunmehr auf „diesen Anspruch“ (d.h. auf einen Anspruch auf Entlastung nach einem bestimmten DBA oder § 43b EStG). Hiermit wird eine Verschärfung der Vorschrift verfolgt; ein der Höhe nach gleichwertiger Anspruch nach einem anderen DBA soll nach der Begründung nicht mehr ausreichen, um die Versagung der Entlastung auszuschließen. Im Regierungsentwurf wurde zudem der persönliche Anwendungsbereich geändert, sodass nunmehr Körperschaften, Vermögensmassen und Personenvereinigungen erfasst werden.
  1. Die sogenannte sachliche Entlastungsberechtigung soll nicht erfüllt sein, wenn die Einkunftsquelle (z.B. bei Dividenden die Beteiligung) keinen wesentlichen Zusammenhang mit einer Wirtschaftstätigkeit der Körperschaft etc. aufweist. Keine Wirtschaftstätigkeit liegt vor, wenn
    a) Einkünfte erzielt und an beteiligte oder begünstigte Personen weitergeleitet werden sowie
    b) eine Tätigkeit mit einem für den Geschäftszweck nicht angemessen eingerichteten Geschäftsbetrieb ausgeübt wird.

Satz 2 enthält weiterhin zwei Ausnahmen zur Anwendung von Satz 1:

  1. Eine an den „Principal Purpose Test“ (PPT) angelehnte Vorschrift, die dann greift, wenn keiner der Hauptzwecke der Einschaltung der ausländischen Gesellschaft die Erlangung eines steuerlichen Vorteils ist und
  1. eine bisher auch schon enthaltene „Börsenklausel“, die jedoch nur eingeschränkt auch auf Ebene des Anteilseigners der Körperschaft etc. Bedeutung haben wird.

Die bisherige Ausnahme von Gesellschaften, die unter das Investmentsteuergesetz fallen, ist nicht vorgesehen.

Die neu gefasste Vorschrift gilt unmittelbar nur für Entlastungen auf Basis eines DBA, wird jedoch entsprechend in den Fällen des § 43b EStG, § 50g EStG und § 44a Abs. 9 EStG angewendet.

Laut der Begründung soll § 50d Abs. 3 EStG-E auch dann gelten, wenn im DBA eine Vorschrift zur Missbrauchsvermeidung enthalten ist. Dies könnte insbesondere Auswirkungen auf die Anwendung der Vorschrift im Verhältnis zu den USA und Art. 28 DBA-USA haben.

Anzuwenden sein soll die Regelung nach § 52 Abs. 47b EStG-E i.d.F. des Regierungsentwurfs grundsätzlich in allen offenen Fällen. Ausgenommen sind jedoch solche Fälle, in denen Einkünfte bereits zugeflossen sind und die zu diesem Zeitpunkt geltende Fassung des § 50d Abs. 3 EStG einer Entlastung nicht entgegenstand.

Neuordnung des Steuerabzugs- und Entlastungsverfahrens (§ 50c EStG-E)

Die Vorschriften zur Durchführung des Steuerabzugs sowie des Erstattungsverfahrens werden in § 50d EStG gestrichen und in den neu gefassten § 50c EStG-E überführt.

§ 50c Abs. 1 Satz 1 EStG-E übernimmt die bisherige Anordnung eines „zweistufigen Verfahrens“ in § 50d Abs. 1 Satz 1 EStG, sodass (ohne vorliegende Freistellungsbescheinigung) prinzipiell ein Steuerabzug vorzunehmen ist.

Die bisher geregelten Möglichkeiten einer Abstandnahme vom Steuerabzug werden nunmehr in § 50c Abs. 2 EStG-E neu gefasst, wobei es keine rückwirkenden Freistellungsbescheinigungen mehr geben soll (diese gelten zukünftig ab Ausstellung höchstens für drei Jahre). Zudem ist der Vergütungsschuldner auch dann zur Steueranmeldung verpflichtet, wenn keine Steuer abzuführen ist.

§ 50c Abs. 3 EStG-E enthält wesentliche Teile des bisher in § 50d Abs. 1 EStG enthaltenen Erstattungsverfahrens, geht jedoch im Detail über die bisherigen Anforderungen hinaus.

Freistellungs- und Erstattungsanträge sind nach § 50c Abs. 5 EStG-E ebenso wie Ansässigkeitsbescheinigungen nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmte Schnittstelle zu übermitteln. Das BZSt kann auf eine solche Übermittlung zur Vermeidung unbilliger Härten verzichten und einen Antrag auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zulassen.

Freistellungsbescheinigungen und -bescheide werden zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt, es sei denn, der Antrag wurde (nicht elektronisch) per amtlichem Vordruck gestellt.

Zusätzliche Angaben bzgl. bestimmter Kapitalerträge

§ 45b EStG-E enthält Angaben zur Bescheinigung und Abführung der Kapitalertragsteuer. 45c EStG-E enthält Regelungen für eine zusammengefasste Mitteilung zur Bescheinigung und Abführung der Kapitalertragsteuer.

Mit dem neuen § 45b EStG-E soll laut der Begründung insbesondere bei Kapitalerträgen aus girosammelverwahrten Aktien der Umfang der in den Steuerbescheinigungen auszuweisenden Angaben erweitert werden. Neben den in § 45b EStG-E auf Steuerbescheinigungen auszuweisenden Informationen und darauf bezogenen Meldepflichten sieht § 45c EStG-E weitere Meldepflichten der auszahlenden Stellen und Wertpapiersammelbanken zum Kapitalertragsteuerumfang vor.

Änderungen im Umwandlungssteuergesetz

Neben vorgenannten Änderungen enthält der Entwurf auch Änderungen im Umwandlungssteuergesetz. Insbesondere soll in § 2 Abs. 5 UmwStG-E ein Verrechnungsverbot für negative Einkünfte aus der Veräußerung oder Bewertung von Finanzinstrumenten oder Anteilen an Körperschaften ins Gesetz eingefügt werden. Die Regelung soll bestimmte Gestaltungen verhindern, die darauf abzielen, einem Dritten unter Ausnutzung des steuerlichen Rückwirkungszeitraums noch nicht realisierte stille Lasten in Finanzinstrumenten oder Anteilen an einer Körperschaft zur Verrechnung mit positiven Einkünften zur Verfügung zu stellen. Das Verrechnungsverbot soll nicht nur für Verschmelzungen auf Personen- oder Kapitalgesellschaften und Spaltungen von Kapitalgesellschaften, sondern auch für Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft sowie für Einbringungen gelten.

War eine Verrechnung negativer Einkünfte nachweislich kein Zweck der Umwandlung oder Einbringung, soll das Verrechnungsverbot nicht eingreifen. Für Fälle der Zwischenschaltung von Personengesellschaften ist eine sinngemäße Anwendung vorgesehen.

Das Verrechnungsverbot soll erstmals auf Umwandlungen und Einbringungen anzuwenden sein, bei denen die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des Vorgangs maßgebende öffentliche Register bzw. bei Einbringungen der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums nach dem 20. November 2020 (Tag der Veröffentlichung des Referentenentwurfs) erfolgt. Abweichend davon soll das Verrechnungsverbot auch in offenen Fällen anzuwenden sein, in denen die äußeren Umstände darauf schließen lassen, dass die Verrechnung übergehender stiller Lasten wesentlicher Zweck der Umwandlung oder Einbringung war, und der Steuerpflichtige dies nicht widerlegen kann (§ 27 Abs. 16 UmwStG-E).

Sonstiges

§ 50d Abs. 1 Satz 11 EStG (Quellensteuererstattung bei hybriden Rechtsträgern) soll in einen separaten Absatz 11a überführt werden.

Im Rahmen der Abgabenordnung soll u.a. ein neuer § 88c AO-E eingefügt werden, der auf einen Informationsaustausch der Finanzbehörden über kapitalmarktbezogene Gestaltungen abzielt.

Über die im Referentenentwurf bereits vorgesehenen Änderungen hinaus, sieht der Regierungsentwurf vom 20. Januar 2021 u.a. die Einführung eines § 1 Abs. 3 - 3c AStG sowie eines § 1a AStG (Preisanpassungsklausel; ehemals § 1b AStG im Referentenentwurf für ein ATAD-Umsetzungsgesetz) vor. Überdies ist auch die Einführung von Regelungen zu Vorabverständigungsverfahren in § 89a AO vorgesehen. Die Regelungen entstammen im Wesentlichen dem Referentenentwurf vom 10.12.2019 bzw. 24.3.2020 für ein ATAD-Umsetzungsgesetz (vgl. hierzu unseren Blogbeitrag), wurden in Teilen jedoch überarbeitet bzw. ergänzt.

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