Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes
Finanzausschuss des Bundestages einigt sich auf Beschlussempfehlung zur Reform der Grunderwerbsteuer bei den sog. Share Deals
Nach langem Stillstand bei dem bereits im Juli 2019 begonnenen Gesetzgebungsverfahren für ein Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes hat nunmehr der Finanzausschuss des Bundestags am 14. April 2021 seine Beratungen abgeschlossen. Unter Berücksichtigung einiger Änderungen wird er dem Bundestag die Annahme des Gesetzes empfehlen. Damit erhöht sich die Chance, dass noch in dieser Legislaturperiode die lang diskutierten Änderungen bei der Besteuerung der sog. Share Deals umgesetzt werden. Die 2. und 3. Lesung des Gesetzes im Bundestag wird voraussichtlich bereits in der nächsten Woche (16. KW) stattfinden. Der Bundesrat wird sich dann wohl in seiner nächsten Plenarsitzung am 7. Mai 2021 abschließend mit dem Gesetzesvorhaben befassen.
Als Inkrafttretenszeitpunkt für die Neuregelungen empfiehlt der Finanzausschuss nach den langwierigen Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren nunmehr den 1. Juli 2021. Unter Berücksichtigung der vom Finanzausschuss empfohlenen Änderungen stellen sich die wesentlichen Inhalte des Gesetzes wie folgt dar:
Neuer Ergänzungstatbestand: Änderung des Gesellschafterbestands bei Kapitalgesellschaften
Mit dem Gesetz soll ein weiterer Ergänzungstatbestand eingeführt werden, der an den Gesellschafterbestand von grundbesitzenden Kapitalgesellschaften anknüpft (§ 1 Abs. 2b GrEStG). Vergleichbar mit den bereits bekannten Regelungen bei Personengesellschaften in § 1 Abs. 2a GrEStG soll dieser dann greifen, wenn sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft dergestalt ändert, dass mindestens 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Der neue Tatbestand erfasst neben unmittelbaren auch mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestands. Er ist vorrangig vor den Ergänzungstatbeständen des § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG (Anteilsvereinigung und -übertragung, wirtschaftliche Beteiligung) anzuwenden.
Die Steuerschuldnerschaft und die Anzeigepflicht für solche Vorgänge trifft dabei die grundbesitzende Kapitalgesellschaft.
Wie vormals bereits vom Bundesrat vorgeschlagen, empfiehlt der Finanzausschuss des Bundestages aus Gründen des Vertrauensschutzes die Aufnahme einer Anwendungsregelung, nach der Übergänge von Anteilen, die vor dem Inkrafttreten der Vorschrift am 1. Juli 2021 erfolgt sind bzw. erfolgen, bei Anwendung des neuen Ergänzungstatbestandes unberücksichtigt bleiben. Der Zehnjahreszeitraum für die Betrachtung der 90%-Grenze kann damit frühestens am 1. Juli 2021 beginnen.
Einführung einer Börsenklausel im Kontext von Änderungen des Gesellschafterbestandes
Eine der wesentlichen Empfehlungen des Finanzausschusses betrifft die Einführung einer Börsenklausel in einem neuen § 1 Abs. 2c GrEStG. Eine Börsenklausel wurde vielfach gefordert, da infolge des fortlaufenden Börsenhandels mit Aktiengesellschaften ansonsten durchgängig grunderwerbsteuerbare Vorgänge auftreten würden und dies als nicht sachgerecht angesehen wurde. Dies betrifft den neuen Tatbestand der Änderung des Gesellschafterbestandes grundbesitzender Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG), aber auch den schon bestehenden Tatbestand der Änderung des Gesellschafterbestandes grundbesitzender Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG). Um dem zu begegnen, ist nunmehr vorgesehen, dass bei Ermittlung der Quote des Gesellschafterwechsels in beiden Vorschriften Übergänge von Anteilen an Kapitalgesellschaften außer Betracht bleiben, die an den im Gesetz benannten in- oder ausländischen Börsen zum Handel zugelassen sind, soweit die Anteilsübertragung auf Grund eines Geschäfts an diesen Börsen erfolgt. Die durch die Börsenklausel veranlasste Nichtberücksichtigung von Anteilsübergängen wirkt sich bei der etwaigen Anwendung von § 1 Abs. 2b GrEStG bei der börsennotierten Gesellschaft selbst, aber auch bei der Anwendung von § 1 Abs. 2a bzw. 2b GrEStG bei einer ihr nachgeschalteten grundbesitzenden Personen- bzw. Kapitalgesellschaft aus.
Absenkung der 95%-Grenze in den Ergänzungstatbeständen auf 90%
Die Reform sieht nach wie vor eine Absenkung diverser Schwellenwerte von 95 % auf 90 % vor. Dies betrifft die sich auf grundbesitzende Gesellschaften beziehenden Ergänzungstatbestände in § 1 Abs. 2a GrEStG (Änderung des Gesellschafterbestands bei Personengesellschaften), § 1 Abs. 3 GrEStG (Anteilsvereinigung und -übertragung) und § 1 Abs. 3a GrEStG (wirtschaftliche Beteiligung). Eine weitergehende Absenkung der Beteiligungsschwellen auf 75 %, wie im Vorfeld und im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens teilweise gefordert wurde, ist auch in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses nicht enthalten. Erstaunlich ist, dass die im Rahmen der grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel in § 6a GrEStG relevante 95%-Grenze offenbar unangetastet bleiben soll.
Die abgesenkten Schwellenwerte gelten ab dem 1. Juli 2021. Sofern vor diesem Zeitpunkt ein Wechsel im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden Personengesellschaft, eine Anteilsvereinigung oder eine wirtschaftliche Beteiligung von mindestens 90%, aber weniger als 95% bereits eingetreten war, soll der bisherige Schwellenwert grundsätzlich weiter gelten. Für den Wechsel des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft gilt dies bis zum 30. Juni 2026, für die Anteilsvereinigung und die wirtschaftliche Beteiligung zeitlich unbegrenzt.
Verlängerung von Fristen von fünf auf i.d.R. zehn Jahre
Flankierend zu der Absenkung des Schwellenwerts wird für den Tatbestand des Wechsels des Gesellschafterbestandes einer grundbesitzenden Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a GrEStG) der Betrachtungszeitraum von fünf auf zehn Jahre verlängert.
Die Verlängerung der Frist ist grundsätzlich ab dem 1. Juli 2021 zu beachten. Für Übergangsfälle schließt das Gesetz aus Gründen des Vertrauensschutzes jedoch aus, dass Personen, die am 30. Juni 2021 nach altem Recht bereits sog. Altgesellschafter waren, allein durch die Verlängerung des Betrachtungszeitraums wieder zu sog. Neugesellschaftern werden. Sie können daher weiterhin Anteile an Personengesellschaften erwerben, ohne dass der Vorgang zu einer Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG führt.
Nicht aufgegriffen wurde in den Beschlussempfehlungen des Finanzausschusses der Vorschlag des Bundesrates, bei mittelbaren Änderungen im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2a Satz 4 GrEStG) den Beobachtungszeitraum zeitlich zu begrenzen. Hier bleibt es bei der vielfach kritisierten sog. “Ewigkeitsbetrachtung”.
Zu weiteren Verlängerungen von Fristen von fünf auf zehn bzw. 15 Jahre kommt es schließlich bei Übergängen von oder auf eine Gesamthand (§§ 5 und 6 GrEStG). Auch hier gelten Ausnahmen für Fälle, in denen eine bisherige Fünf-Jahresfrist vor dem 1. Juli 2021 abgelaufen war.