Update: Bundestag beschließt Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-UmsG)

Am 21. Mai 2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie beschlossen.

Das verabschiedete Gesetz beruht auf der vom Finanzausschuss des Bundestages am 19. Mai 2021 beschlossenen Beschlussempfehlung 19/29848. Die Zustimmung des Bundesrates steht noch aus.

Der Finanzausschuss hatte am 19. Mai zu dem Regierungsentwurf (siehe unseren Newsflash vom 24. März 2021) einige nachfolgende Änderungen beschlossen.

  • Umsetzung von Artikel 9a ATAD (umgekehrt hybride Gestaltungen). § 49 Absatz 1 Nummer 11 setzt Artikel 9a ATAD um. Danach sind die Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft, die deshalb keiner Besteuerung unterliegen, weil die Gesellschaft in dem Staat, in dem sie eingetragen oder niedergelassen ist, als steuerlich transparent, in dem Staat, in dem der Beteiligte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt ist, aber als steuerlich intransparent behandelt wird (umgekehrt hybride Rechtsträger), grundsätzlich von dem erstgenannten Staat zu besteuern. Hiermit wird der Vermeidung der Besteuerung dieser Einkünfte durch die Nutzung hybrider Gestaltungen entgegengetreten.
  • Präzisierung der Formulierung in § 4k Absatz 5 Satz 1 EStG-E (importierte Besteuerungsinkongruenzen). Entsprechend der Bitte des Bundesrates wird der Vergleich in § 4k Absatz 5 EStG zur Verhinderung sogenannter Imported Mismatches präziser gefasst. Maßgeblich für das Vorliegen einer importierten Besteuerungsinkongruenz ist die steuerliche Behandlung in den betroffenen ausländischen Staaten. Auf einen hypothetischen Vergleich mit einer inländischen Steuerpflicht kommt es nicht an. Bei der Formulierung im Gesetzentwurf, die den hypothetischen Vergleich mit einer inländischen Steuerpflicht vorsieht, besteht die Möglichkeit, dass eine im Ausland bestehende Rechtsbeziehung zu einer Besteuerungsinkongruenz führt, die nach deutschem Recht nach einer anderen Norm als § 4k EStG aufgelöst würde. Dies wäre z. B. der Fall, wenn ein Finanzinstrument aus deutscher Sicht als Eigenkapital und die Zahlung darauf als Gewinnausschüttung i. S. d. § 8 Absatz 3 Satz KStG anzusehen wäre. In diesem Fall droht § 4k Absatz 5 EStG bei einer Auslegung nach dem Wortlaut ins Leere zu laufen. Auf den hypothetischen Inlandvergleich wird daher verzichtet.
  • Anpassung von § 4k Absatz 2 Satz 2 EStG.
  • Anpassung von § 4k Absatz 4 Satz 2 EStG an Artikel 9b Satz 2 ATAD (Doppelt-Ansässige). Im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf wurde darauf hingewiesen, dass § 4k Absatz 4 Satz 2 EStG-E nicht das von Artikel 9b ATAD für EU-Konstellationen vorgesehen Vorrangverhältnis im Fall doppelt ansässiger Steuerpflichtiger berücksichtigt. Die Vorschrift wird daher an Artikel 9b ATAD angepasst. Nach der neu eingefügten Nummer 2 wird die bereits von einem anderen Staat vorgenommene Versagung des doppelten Betriebsausgabenabzug anerkannt, wenn es sich bei dem Steuerpflichtigen um einen doppelt Ansässigen handelt der andere Staat diesen als nicht in seinem Staat ansässig behandelt.
  • Antragswahlrecht zur Aufdeckung stiller Reserven bei Wegfall einer Beschränkung von Besteuerungsrechten in § 12 Absatz 1 Satz 3 KStG. Nach § 4 Absatz 1 Satz 3 zweiter Halbsatz EStG in der Fassung des Regierungsentwurfs erfolgt die Aufdeckung stiller Reserven bei Wegfall einer Beschränkung deutscher Besteuerungsrechte nur auf Antrag. Dieses Antragswahlrecht wurde bislang in § 12 Absatz 1 Satz 3 KStG nicht nachvollzogen. Dies wird hiermit nachgeholt.
  • Redaktionelle Anpassung insbesondere im Hinblick auf die Voraussetzung der Gewinnbeteiligung in § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 AStG.
  • Änderung zur grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung in multinational tätigen Unternehmensgruppen in § 1 Abs. 3a Satz 4 AStG. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs keine inhaltliche Änderung herbeiführen, aber dem Steuerpflichtigen erstmals die Möglichkeit einräumen, einen vom Median abweichenden Wert (innerhalb der Bandbreite) glaubhaft zu machen. Da grundsätzlich alle Werte innerhalb der Bandbreite eine ungefähr gleich große Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen können, wäre dem Gesetzentwurf zufolge der Steuerpflichtige nicht gehindert, den für ihn günstigsten Wert innerhalb der Bandbreite zu vertreten. Dieser Wert wäre ohne Weiteres glaubhaft. Damit würde aber der vom Gesetz vorgesehene Regelfall (Ansatz des Median) in der Praxis zur Ausnahme, wenn der Steuerpflichtige zunächst – ohne sachliche Begründung – einen Wert außerhalb der Bandbreite verwenden würde. Aus diesem Grund muss der Steuerpflichtige Gründe vortragen, dass ein anderer Wertansatz innerhalb der Bandbreite besser dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht als der Median.
  • Klarstellung, dass sowohl bei einer mittelbaren Beteiligung über einen ausländischen als auch über einen inländischen Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds die Hinzurechnungsbesteuerung ausgeschlossen ist in § 13 Absatz 5 Satz 2 – neu – AStG. Die geänderte Formulierung bringt klarer zum Ausdruck, dass sowohl bei einer mittelbaren Beteiligung über einen ausländischen als auch über einen inländischen Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds die Hinzurechnungsbesteuerung ausgeschlossen ist. Das Investmentsteuerrecht enthält mit der Vorabpauschale bei Investmentfonds und den ausschüttungsgleichen Erträgen bei Spezial-Investmentfonds rechtliche Instrumente, die einer steuerfreien Thesaurierung auf Ebene von ausländischen Zwischengesellschaften entgegenwirken, so dass es in diesen Fällen keiner Hinzurechnungsbesteuerung bedarf.
  • Redaktionelle Anpassung in § 20 Absatz 2 Satz 1 – neu – AStG.
  • Verlängerung der Frist zur nachträglichen Anpassung der Einkommen-, Körperschaft-, und Gewerbesteuervorauszahlungen für 2019 und 2020.
  • Dreimonatige Verlängerung der Erklärungsfrist und der zinsfreien Karenzzeit für den Veranlagungszeitraum 2020. Ermöglichung einer Korrektur der Steueranmeldung in den Fällen, in denen eine Freistellungsbescheinigung rückwirkend ab Antragseingang erteilt wird, jedoch zum Zeitpunkt der Anmeldung der Steuer noch nicht erteilt war in § 50c Absatz 2 Satz 3 EStG.
  • Redaktionelle Anpassung des § 9 Nummer 2 Satz 2 – neu – GewStG.
  • Änderungen bei den Anwendungsregelungen und dem Inkrafttreten. Nach Artikel 7 Absatz 1 – neu – bleibt es bei dem bislang vorgesehenen Grundsatz, dass die Änderungen am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Für die Regelungen zur Entstrickungsbesteuerung im Einkommensteuergesetz und dem Körperschaftsteuergesetz sieht die ATAD bereits eine Umsetzung ab 1. Januar 2020 vor. Dementsprechend treten diese Regelungen einschließlich der entsprechenden Anwendungsregelungen in § 52 EStG bzw. § 34 KStG nach Artikel 7 Absatz 2 – neu - bereits mit Wirkung vom 1. Januar 2020 in Kraft. Abweichend davon treten nach Artikel 7 Absatz 3 – neu - die neu aufgenommenen Regelungen zur Umsetzung von Artikel 9a der ATAD, die insoweit eine abweichende Umsetzungsfrist bis 31. Dezember 2021 und Anwendung ab 1. Januar 2022 vorsieht, am 1. Januar 2022 in Kraft.

Update (14. Juni 2021)

Der vom Bundestag beschlossene Gesetzesentwurf (BR-Drs. 468/21) steht für den 25. Juni 2021 auf der Tagesordnung des Bundesrates (2. Durchgang).

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