OECD veröffentlicht Vereinfachungsregelungen („safe harbours“) zur globalen Mindestbesteuerung („Pillar 2“)

Mit drei am 20. Dezember 2022 veröffentlichten Papieren hat die OECD unter anderem ihre Vorstellungen von übergangsweisen sowie von potenziellen permanenten Vereinfachungsregelungen („safe harbours“) dargelegt.

Erneut gibt es Entwicklungen beim Thema Globale Mindestbesteuerung („Pillar 2“). Nachdem zuletzt am 15.12.2022 der Rat der EU seine Richtlinie zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung verabschiedet hatte (vgl. Newsflash v. 16.12.), hat nunmehr die OECD exakt ein Jahr nach Veröffentlichung ihrer „Model Rules“ am 20.12.2022 sowohl Pläne als auch bereits beschlossene Maßnahmen zu deren Ergänzung vorgelegt.

Die insgesamt drei seitens der OECD veröffentlichten Papiere beschäftigen sich mit dem Thema „tax certainty“, mit der inhaltlichen Ausgestaltung des sog. Globe Information Return (GIR) sowie mit den bereits länger avisierten Vereinfachungsregelungen („safe harbours“). Während für die Papiere zur tax certainty und zur GIR eine Konsultation bis zum 3. Februar 2023 läuft, ist das Papier zu den safe harbours bereits verabschiedet. Art. 32 der EU-Richtlinie enthält eine Öffnungsklausel, über welche die auf OECD-Ebene verabschiedeten safe harbours zugleich Bestandteil der Richtlinie werden können.

Safe Harbours

Schon bisherigen Ankündigungen entsprechend wird es übergangsweise Vereinfachungen (sog. transitional safe harbours) geben. Neu ist, dass die OECD auch dauerhafte Vereinfachungen (sog. permanent safe harbours) in Betracht zieht, die dann zusätzlich zu den bestehenden „Model Rules“ bestehen würden, und einen Regelungsrahmen dafür vorgibt.

Sowohl für die übergangsweisen als auch für die potenziellen permanenten Vereinfachungen sind drei Tests vorgesehen:

  1. de minimis test
  2. routine profits test
  3. simplified ETR test

Die Berechnungsweise und insbesondere die benötigten Daten für die übergangsweise Vereinfachung unterscheidet sich dabei von der Berechnung der potenziellen permanenten Vereinfachung.

Besteht ein Land einen der drei vorgenannten Tests, wird in der Folge für dieses Land eine etwaige Top up Tax auf null reduziert. Jedoch ist weiterhin der sog. Globe Information Return (GIR) abzugeben, wobei nur die für die Berechnung der Tests benötigten Daten in der GIR anzugeben sind. Wird keiner der drei Tests bestanden, gelten die Modellregelungen (bzw. deren Umsetzungsgesetze) ohne Einschränkung, d.h. es sind die effektive Steuerquote nach dem normalen Schema der Modellregelungen zu ermitteln und die entsprechenden Daten/Anpassungen in der GIR anzugeben.

Transitional Safe Harbours

Die Übergangsphase soll für Wirtschaftsjahre gelten, die vor dem 1.1.2027 beginnen und vor dem 1.7.2028 enden. Bei durchgängig dem Kalenderjahr entsprechendem Wirtschaftsjahr bedeutet dies, dass die übergangsweisen Vereinfachungen für die Wirtschaftsjahre 2023-2026 angewendet werden dürfen.

Der de minimis test orientiert sich an der bereits aus Art. 5.5 der OECD-Modellregelungen vom 20.12.2021 bekannten Ausnahme.

Der de minimis test ist für ein Land erfüllt, wenn der Umsatz für dieses Land EUR 10 Millionen und der Gewinn EUR 1 Million unterschreitet. Im Unterschied zu der gleichartigen Ausnahme in den OECD-Modellregelungen wird das Unterschreiten der genannten Schwellenwerte jedoch nicht für mehrjährige Durchschnittsgrößen, sondern für das jeweils zu betrachtende Jahr separat ermittelt. Basis der Betrachtung sind, anders als in den Modellregelungen, nicht der „GloBE-Umsatz“ und das „GloBE-Einkommen“ der Jurisdiktion, sondern der Umsatz und das Einkommen gemäß dem länderbezogenen Bericht (Country-by-Country Report; CbCR).

Beim routine profits test wird ein Vergleich zwischen der nach Art. 5.3 der OECD-Modellregelungen ermittelten sog. „substance-based income exclusion“ und dem Gewinn oder Verlust nach CbCR-Daten vorgenommen. Übersteigt der Betrag der substance-based income exclusion nach Art. 5.3 den Gewinn nach CbCR für ein Land, ist der routine profits test erfüllt. Existiert ein Ergebnis nach CbCR von null oder sogar ein Verlust, ist die Ausnahme somit immer erfüllt.

Bei dem auf die „effective tax rate“ (ETR) abstellenden dritten Test, dem simplified ETR test, werden die laufenden und latenten Steuern einer Konzerngesellschaft ins Verhältnis zu ihrem CbCR-Gewinn gesetzt.

Die laufenden und latenten Steuern werden dabei entweder dem nach dem Rechnungslegungsstandard der UPE erstellten Reporting Package oder dem lokalen Einzelabschluss, welcher gewisse Anforderungen erfüllen muss (für wegen Unwesentlichkeit nicht konsolidierter Gesellschaften gilt eine Sonderregelung), entnommen. Unberücksichtigt bleiben dabei aber alle Steuern, die keine covered taxes im Sinne der Modellregelungen sind, sowie der Steueraufwand für uncertain tax positions.

Der simplified ETR test ist erfüllt, wenn die so berechnete ETR für ein Land für in 2023 und 2024 beginnende Wirtschaftsjahre mindestens 15%, für in 2025 beginnende Wirtschaftsjahre mindestens 16% und für in 2026 beginnende Wirtschaftsjahre mindestens 17% beträgt.

Weitere Hinweise zur den transitional safe harbours

Es ist zu beachten, dass die Entscheidung für die Inanspruchnahme der übergangsweisen Vereinfachungen für ein Land in der ersten abzugebenden GIR getroffen werden muss. Die Inanspruchnahme erst ab einem späteren Jahr ist nicht möglich.

Das Papier enthält zudem besondere Regelungen zur Anwendung der safe harbours bei Joint Ventures, sog. MOPE/MOCE, Flow Throughs, Investment Entities und stateless entities sowie eine Anpassung für unrealisierte fair value Verluste. Daneben sind Anmerkungen bzgl. der Auswirkungen des transitional safe harbours auf die transitional rules der OECD-Modellregelungen (insb. zu Abschn. 9.1.3) enthalten.

Zudem soll es einen „transitional penalty relief“ geben, der sicherstellt, dass immer dann, wenn ein Konzern „reasonable measures“ angelegt hat, um eine möglichst zutreffende GIR abzugeben, von Strafen und Sanktionen in der Übergangsphase abgesehen wird. Sollte sich im Rahmen eines „audits“ hingegen ergeben, dass die safe harbours unzutreffend angewendet wurden, darf für dieses und jedes Folgejahr der safe harbour nicht mehr angewendet werden.

Potenzielle permanent safe harbours

Die drei Tests für die potenziellen permanenten Vereinfachungsregelungen stimmen in ihrer grundsätzlichen Funktionsweise mit den Tests der übergangsweisen Vereinfachungen überein. Die inhaltliche Ausgestaltung ist allerdings noch weitgehend offen. Die OECD spricht lediglich davon, dass „simplified calculations“ für Zwecke der Ermittlung von Steuern, Einkommen und Umsätzen vorgenommen werden können. Wie die vereinfachte Berechnung der drei Tests konkret ausgestaltet werden soll, soll dem Vernehmen nach im Laufe des Jahres 2023 bekannt gegeben werden.

Daneben enthält das Papier Ausführungen zum (permanenten) Umgang mit unwesentlichen Gesellschaften.

Ausblick

Die Veröffentlichung von weiteren Erläuterungen zu verschiedenen Problembereichen der safe harbours steht noch aus und wird voraussichtlich im Laufe des Jahres 2023 erfolgen. Die OECD avisiert zudem in ihrem Papier, dass es noch einen weiteren safe harbour mit Blick auf die „Qualifying Domestic Minimum Top-Up Tax“ (QDMTT) geben könnte. Wenn eine Jurisdiktion eine QDMTT Regelung eingeführt hat, müssten dann ggfs. keine Berechnungen mehr für diese Jurisdiktion vorgenommen werden. Auch in diesem Zusammenhang sind noch weitere Klarstellungen und Erläuterungen zu erwarten.

Daneben steht die Veröffentlichung des Implementation Frameworks noch aus.

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