IFR/IFD im Fokus: EBA & ESMA empfehlen gezielte Anpassungen

EBA und ESMA haben ihre gemeinsamen Empfehlungen zur Weiterentwicklung des IFD/IFR Rahmenwerkes vorgelegt – mit möglichen Folgen für Kapital, Liquidität und Governance von Asset Managern.

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) haben am 15. Oktober 2025 ihren Technical Advice zur Überarbeitung der Investment Firms Directive (IFD) und Investment Firms Regulation (IFR) veröffentlicht. Kernaussage: Der bestehende Rahmen funktioniert – empfohlen werden aber gezielte, klare Anpassungen zur Stärkung von Proportionalität, Risikosensitivität und Einheitlichkeit.

Einordnung und Kontext

Die Investment Firms Directive (IFD) und Investment Firms Regulation (IFR) bilden seit 2021 den aufsichtsrechtlichen Rahmen für europäischen Investmentfirmen. Ziel war es, ein maßgeschneidertes proportional ausgestaltetes Regime zu schaffen, unabhängig vom klassischen Bankenaufsichtsrecht.

Vier Jahre nach Einführung steht der aufsichtsrechtliche Rahmen für Investmentfirmen erneut auf dem Prüfstand und die europäischen Aufsichtsbehörden ziehen Bilanz.

Mit dem am 15. Oktober 2025 veröffentlichten „Report on the Call for Advice on the Investment Firms Prudential Framework” (EBA/Rep/2025/29, ESMA35-24871704-2858) legen die Europäischen Aufsichtsbehörden EBA und ESMA ihre Bewertung der bisherigen Anwendungspraxis nebst konkreten Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Regelwerks vor. Diese sollen sicherstellen, dass das Regelwerk den Marktrisiken, neuen digitalen Geschäftsmodellen sowie technologischen Risiken gerecht bleibt.

Für Asset Manager bietet sich hier die Gelegenheit, die bevorstehenden regulatorischen Entwicklungen frühzeitig einzuschätzen und sich entsprechend vorzubereiten.

Die wichtigsten Inhalte des EBA/ESMA-Reports haben wir für Sie in unserem Blogbeitrag zusammengefasst und beleuchten deren Bedeutung für Sie als Asset Manager.

Gründe für die Veröffentlichung

Die EU-Kommission muss regelmäßig prüfen, ob der Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen (IFD/IFR) noch angemessen ist. Auf Basis dieser Prüfung kann sie Änderungen vorschlagen. Um fundierte Empfehlungen zu erhalten, startete die Kommission am 1. Februar 2023 einen Call for Advice bei der EBA und ESMA.

Dabei ging es im Kern unter anderem um folgende Punkte:

  • Kategorisierung von Wertpapierfirmen, einschließlich der Bedingungen für die Einstufung als kleine und nicht vernetzte Wertpapierfirmen und der Bedingungen für die Einstufung als Kreditinstitute
  • Angemessenheit der aufsichtsrechtlichen Anforderungen einschließlich des Anwendungsbereichs der K-Faktoren, der aufsichtsrechtlichen Konsolidierung und der Liquiditätsanforderungen
  • Wechselwirkungen mit der CRR/CRD, Marktrisiko, variable Vergütung und Offenlegung der Anlagepolitik
  • Zukunftssicherung des IFD/IFR-Rahmens, insbesondere im Hinblick auf Auswirkungen von Krypto-Vermögenswerten auf die Tätigkeiten von Wertpapierfirmen sowie die Wechselwirkungen mit OGAW/AIFM
  • Risiken im Zusammenhang mit ESG-Faktoren
  • Spezifische Fragen zu Händlern mit Rohstoffen und Emissionszertifikaten sowie zu Energieunternehmen

Darüber hinaus sollten die Auswirkungen möglicher Änderungen auf Eigenkapitalanforderungen, operative und administrative Kosten analysiert werden, differenziert nach Firmengröße, Konsolidierungsgrad, Standort und Geschäftstätigkeiten.

Der Technical Advise basiert auf den Erkenntnissen der EBA, ESMA und nationaler Aufsichtsbehörden. Um systematisches Feedback zu gewährleisten, veröffentlichten EBA und ESMA im September 2024 bereits ein „Discussion Paper – Call for advice on the investment firms prudential framework (EBA/DP/2024/01)“.

Kernpunkte des Technical Advise

Der Technical Advice beantwortet den Call for Advice der EU-Kommission und behandelt prioritäre sowie detaillierte technische Aspekte des Aufsichtsrahmens für Wertpapierfirmen.

Kerninhalte sind:

  • Kategorisierung von Wertpapierfirmen: Die Grundsystematik soll bestehen bleiben. Analyse der Einstufung von Wertpapierfirmen, einschließlich kleiner, nicht vernetzter Firmen und solcher, die unter die CRR fallen, aber keine Kreditinstitutszulassung haben. Für Kategorie 1-Firmen mit Kreditinstitutszulassung werden die speziellen Standards berücksichtigt, die nach dem Bankenpaket gelten. Ziel ist eine klarere Definition, konsistente Schwellenwerte, bessere Überwachung und geregelte Übergänge zwischen den Kategorien.
  • Eigenmittelanforderungen und neue K-Faktoren: Überprüfung bestehender Regelungen, Definitionen, Berechnungsmethoden und Dauer der Abwicklungsphase; Vorschläge für neue K-Faktoren zur Abdeckung bisher nicht erfasster Risiken. Die bestehenden K-Faktoren sollen grundsätzlich beibehalten, aber inhaltlich überprüft und gegebenenfalls angepasst werden (K-COH, K-AUM, K-DTF, K-CON, K-CMG, K-ASA). Neue Risikotreiber – etwa operationelle Risiken im Zusammenhang mit Outsourcing, IT-Systemen oder digitalen Vermögenswerten – sollen stärker berücksichtigt werden. Für mittlere Wertpapierfirmen werden auch verpflichtende Fixed Overheads Requirements überprüft. Für kleine Wertpapierfirmen wird die Vereinfachung der Kapitalanforderungen empfohlen, was durch die Anwendung vereinfachter K-Faktoren oder Pauschalansätze erfolgen kann. Trotz vereinfachter Ansätze wird die Notwendigkeit eines Mindestkapitals unterstrichen, um operative Risiken abzusichern und sicherzustellen, dass auch kleine Wertpapierfirmen über ausreichende Eigenmittel verfügen, um potenzielle Verluste aus dem operativen Geschäft zu decken.
  • Auswirkungen des Bankenpakets (CRR3/CRD6): Einführung des FRTB, Abgrenzung von Handels- und Bankbuchpositionen sowie Vermeidung regulatorischer Arbitrage.
  • Liquiditätsanforderungen: Bewertung der Risikosensitivität und Anpassung der Methodik an unterschiedliche Tätigkeiten, da die bisherigen harmonisierten Anforderungen auf einem Bruchteil der fixen Gemeinkosten basieren und damit möglicherweise nicht in konsistenter Weise den Liquiditätsbedarf im Zusammenhang mit bestimmten Tätigkeiten widerspiegeln.
  • Aufsichtsrechtliche Konsolidierung von Wertpapierfirmen-Gruppen: Vorschlag zur textlichen Optimierung, Erweiterung des Anwendungsbereichs im Einklang mit der CRR, inklusive möglicher Einbeziehung von Crowdfunding- und Krypto-Dienstleistern.
  • Wechselwirkungen mit anderen Vorschriften: Analyse der Wechselwirkungen zwischen IFD/IFR mit anderen Vorschriften. Dazu gehörten das potenzielle Engagement in Krypto-Assets inkl. der Erbringung von dazugehörigen Dienstleistungen, die Rolle anderer Finanzdienstleister sowie die Wechselwirkungen mit den Eigenmittelanforderungen für AIFMD und OGAW-Verwaltungsgesellschaften, die Nebendienstleistungen erbringen. Auch befasst sich der Report mit den Wechselwirkungen zwischen IFD/IFR und MiCA in den Bereichen, in denen Wertpapierfirmen Dienstleistungen im Zusammenhang mit Krypto-Assets erbringen.
  • Vergütung: Untersuchung der Regelungen für variable Vergütungen (u.a. Unabhängigkeit der Vergütungsentscheidungen), Verhältnis zur Unternehmensstrategie), Überwachung, Offenlegung und Transparenz bei Wertpapierfirmen und AIFM und OGAW-Verwaltungsgesellschaften. Ziel ist die Sicherstellung, dass die Governance Strukturen in Bezug auf die Vergütungspolitik robust und effektiv sind, um die langfristigen Interessen der Wertpapierfirmen und ihrer Kunden zu schützen.
  • Weitere Elemente: Berichterstattung, ESG-Risiken und Offenlegung der Anlagepolitik werden in anderen Publikationen behandelt; Rohstoffmärkte folgen separat.

EBA und ESMA bewerten das aktuelle Regelwerk insgesamt als robust, risikosensitiv und auf die Größe, Tätigkeiten und Komplexität der Wertpapierfirmen zugeschnitten. Gleichzeitig wurden von Marktteilnehmern und Aufsichtsbehörden verschiedene Schwachstellen identifiziert, die Anpassungen der IFD/IFR oder delegierten Verordnungen rechtfertigen. Ziel des Rahmens ist es, solide und verhältnismäßige Aufsichtsanforderungen zu gewährleisten, Risiken für Kunden, Märkte und die Wertpapierfirmen abzudecken sowie Berechnungs- und Berichtsmethoden zu vereinfachen. 

Die Empfehlungen der EBA und ESMA zielen darauf ab, diese Ziele weiter zu stärken und zugleich die Harmonisierung innerhalb der EU zu verbessern, z.B. durch klare Begrifflichkeiten, Definitionen und der konsistenten Anwendung von K-Faktoren und Konsolidierungsregeln. Auch die Verhältnismäßigkeit und Funktionsweise des Regelwerkes soll optimiert werden, beispielweise durch höhere Schwellenwerte für Risiko- und Vergütungsausschüsse oder harmonisierte Schwellen für die Kategorisierung der Wertpapierfirmen. 

Was das für Sie als Asset Manager bedeuten kann: Fazit und Ausblick

Der veröffentlichte Bericht der EBA und ESMA enthält mehrere spezifische Empfehlungen, die für Asset Manager von Bedeutung sein könnten. Dies könnte Anpassungen u.a. bei Kapital- und Liquiditätsanforderungen oder K-Faktoren erforderlich machen.

Klarere Definitionen, harmonisierte Schwellenwerte und risikosensitivere Ansätze können die Planbarkeit und Vergleichbarkeit von Anforderungen innerhalb der EU verbessern. Besonders im Bereich Krypto-Assets und ESG-Risiken können sich noch weitere neue Vorgaben ergeben.

Asset Manager sollten die Entwicklungen weiter beobachten, frühzeitig prüfen, welche Bereiche betroffen sein könnten und mögliche Anpassungen vorbereiten. Eine proaktive Herangehensweise kann helfen, Risiken zu minimieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, sobald die Empfehlungen in konkrete Gesetzes- oder Verordnungsvorschläge umgesetzt werden. Gerne begleiten wir Sie dabei!

+++ Hinweis: Es handelt sich um technische Empfehlungen. Verbindliche Änderungen treten erst nach einem Gesetzgebungs  und Level 2 Prozess in Kraft. Spätere Anpassungen können über delegierte Rechtsakte oder technische Standards (RTS/ITS) erfolgen. +++

Let’s talk

Als erfahrenes Team bringen wir frische Perspektiven in Risk & Regulation und schaffen echte Mehrwerte im Asset & Wealth Management. Ob auf C-Level oder Fachbereichsebene – wir verstehen Ihre Herausforderungen und liefern Lösungen, die Wirkung zeigen – präzise, effizient und zukunftssicher. Unser Ziel: Mehr Sicherheit, Klarheit und Handlungsspielraum für Ihr Kerngeschäft. Wir freuen uns auf den Austausch.

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Marcel Koch

Marcel Koch

Senior Manager
Frankfurt am Main

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