Umsatzsteuer: EuGH Vorlage zur Steuerentstehung bei Vermittlungsleistung und Ratenzahlung

Der Bundesfinanzhof hat den Europäischen Gerichtshof um Vorabentscheidung zur Steuerentstehung bei einer Vermittlungsleistung, die in Raten gezahlt wird, gebeten und in diesem Zusammenhang die weitere Frage gestellt, ob die Erstreckung der hinausgeschobenen Fälligkeit über mehr als zwei Vorauszahlungszeiträume bei einer Ratenzahlungsvereinbarung zur Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts führt.

Sachverhalt und Ausgangslage

Strittig ist der Zeitpunkt der Versteuerung des Entgelts aus einer Honorarvereinbarung. Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten und erbrachte im Streitjahr 2012 eine steuerpflichtige Vermittlungsleistung an die T-GmbH (GmbH) auf der Grundlage einer entsprechenden Honorarvereinbarung: Die GmbH hatte die Klägerin beauftragt, im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages über ein Grundstück vermittelnd tätig zu werden. Das vereinbarte Honorar sollte in fünf Teilbeträgen von jeweils 200.000 € und im Abstand von jeweils einem Jahr gezahlt werden, beginnend am 30.06.2013. In den Folgejahren erstellte die Klägerin Rechnungen mit Steuerausweis über die jeweiligen Teilbeträge zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt, vereinnahmte und versteuerte entsprechend der Vereinnahmung. Dem folgte das Finanzamt jedoch nicht und ging von einer Versteuerung des gesamten Vermittlungshonorars im Streitjahr aus. Der Klage vor dem Finanzgericht wurde überwiegend stattgegeben (Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 26. März 2019, Az. 3 K 1816/18). Zwar seien die Leistungen, für die die GmbH das Honorar von 1.000.000 Euro schuldet, im Veranlagungszeitraum 2012 ausgeführt worden. Jedoch, so die Richter am Finanzgericht, sei bei einer Erstreckung der hinausgeschobenen Fälligkeit über mehr als zwei Veranlagungszeiträume Uneinbringlichkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) anzunehmen. Von einer Uneinbringlichkeit sei folglich mit Ausnahme des ersten im Folgejahr 2013 vereinnahmten Entgelts auszugehen. Daher habe die Klägerin im Streitjahr nur den ersten Teilbetrag des vereinbarten Honorars in Höhe von 200.000 Euro zu versteuern.

Entscheidung des BFH

Zur abschließenden Klärung hat der BFH nun den EuGH um Vorabentscheidung gebeten. Grund dafür sieht der BFH in der abschließenden und auf den Streitfall bezogenen Auslegung zweier EuGH-Entscheidungen aus 2018 und 2015.

Der EuGH hatte in einem Urteil vom 29. November 2018 (Rs. C-548/17, baumgarten sports & more) entschieden, dass Art. 63 in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL der Annahme entgegensteht, dass der Steuertatbestand und der Steueranspruch bezüglich einer von einem Vermittler erbrachten Dienstleistung, nämlich der Vermittlung von Profifußballspielern, bereits im Zeitpunkt der Vermittlung eintreten. Der BFH hat jedoch Zweifel an der Auslegung dieser unionsrechtlichen Bestimmung (dort: Rz 17ff). Der Sachverhalt im EuGH-Urteil C-548/17 betraf Zahlungsansprüche, die vom Vorliegen einer Bedingung abhingen (dem Bestand des Arbeitsvertrages des vermittelten Spielers zu bestimmten Zeitpunkten). Demgegenüber liege im Streitfall nur eine Befristung, nicht aber eine Bedingung vor, deren Eintritt ungewiss ist.

In einem weiteren Urteil vom 3. September 2015 hatte der EuGH im Fall einer dauerhaft über einen längeren Zeitraum erbrachten Beratungsleistung den Anlass von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL und somit der Bewirkung steuerpflichtiger Dienstleistungen erst bei (späterer) Zahlung bejaht (Urteil C-463/14, Asparuhovo Lake Investment Company). Eine Vermittlungsleistung, so der BFH aktuell, werde nicht zeitraumbezogen, sondern einmalig zeitpunktbezogen erbracht (dort: Rz. 28ff).

Die obersten Steuerrichter haben dem EuGH daher die folgenden Vorlagefragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  1. Ergibt sich bei einer einmalig und daher nicht zeitraumbezogen erbrachten Dienstleistung der Anlass zu aufeinander folgenden Abrechnungen oder Zahlungen i.S. von Art. 64 Abs. 1 MwStSystRL bereits aus der Vereinbarung einer Ratenzahlung?
  2. Hilfsweise bei Verneinung der ersten Frage (im Hinblick auf die Entscheidungsfindung des Finanzgerichts zur Frage der Uneinbringlichkeit des Entgelts bei Erstreckung über zwei Veranlagungszeiträume): Ist von einer Nichtbezahlung i.S. von Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL auszugehen, wenn der Steuerpflichtige bei der Erbringung seiner Leistung vereinbart, dass diese in fünf Jahresraten zu vergüten ist und das nationale Recht für den Fall der späteren Zahlung eine Berichtigung vorsieht, durch die die vorherige Minderung der Steuerbemessungsgrundlage nach dieser Bestimmung wieder rückgängig gemacht wird?

Fundstelle

EuGH-Vorlage: BFH vom 7. Mai 2020 (V R 16/19), veröffentlicht am 23. Juli 2020.

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