Update: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts
BMF veröffentlicht Entwurf zur Anpassung des Unternehmenssteuerrechts
Mit Datum vom 19. März 2021 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts an die Verbände versandt.
Mit dem vorliegenden Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts unternimmt der Gesetzgeber nunmehr einen ersten Schritt zur Einführung des sog. “Optionsmodells”, welches ein Wahlrecht für Personenhandelsgesellschaften vorsieht, sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen.
Außerdem enthält der Entwurf Vorschläge zur Modernisierung und Internationalisierung des Umwandlungssteuerrechts für Körperschaften, die Ersetzung des Konzepts der Ausgleichsposten bei organschaftlichen Mehr- oder Minderabführungen durch eine sog. Einlagelösung sowie die Streichung des Abzugsverbots für Gewinnminderungen aus Währungskursschwankungen im Zusammenhang mit Gesellschafterdarlehen.
Die neben der Einführung des “Optionsmodells” diskutierte Reform der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG findet sich im derzeitigen Entwurf jedoch nicht.
Die Kabinettbefassung ist für den 24. März 2021 vorgesehen.
1. Option zur Körperschaftsteuer
Allgemeines
Mit § 1a KStG-E soll die zentrale Norm für das sog. “Optionsmodell” zur Körperschaftsbesteuerung geschaffen werden; entsprechend wird der Katalog der unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen in § 1 KStG um diese Option ausübende Gesellschaften ergänzt.
Antrag zur Körperschaftsbesteuerung
Gemäß § 1a Abs. 1 KStG ist seitens einer Personenhandelsgesellschaft oder einer Partnerschaftsgesellschaft ein grds. unwiderruflicher Antrag für Zwecke der Besteuerung nach dem Einkommen beim zuständigen Finanzamt zu stellen. Der Antrag führt dazu, dass die Antragstellerin materiell- und verfahrensrechtlich wie eine Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt werden. Der Antrag ist vor Beginn des Wirtschaftsjahres zu stellen, ab dem die Besteuerung als Kapitalgesellschaft gelten soll.
Da der Antrag die Besteuerung aller Gesellschafter betrifft, wird unter Verweis auf § 217 Abs. 1 UmwG angeordnet, dass zwar eine Mehrheitsentscheidung ausreichend ist, diese jedoch mind. ¾ der abgegebenen Stimmen betragen muss.
Die Option ändert jedoch nichts daran, dass die Gesellschaft zivilrechtlich eine Personengesellschaft ist, sodass zB auch Vorschriften wie § 28 KStG, die sich auf Nennkapital beziehen lt. Begründung nicht anwendbar sein sollen.
Die Option ist nicht möglich für Investmentfonds iSd Investmentsteuergesetzes und wenn Gesellschaften nach Ausübung der Option in dem Staat, in dem sich ihre Geschäftsleitung befindet, keiner der deutschen unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht vergleichbaren Körperschaftsteuerpflicht unterliegen; durch Letzteres soll die Schaffung von Qualifikationskonflikten durch die Option verhindert werden.
Übergang zur Körperschaftsbesteuerung
Gemäß § 1a Abs. 2 KStG gilt der Übergang zur Körperschaftsbesteuerung als Formwechsel, insb. § 25 iVm den §§ 20ff. UmwStG sind entsprechend anzuwenden. Als Zeitpunkt des Formwechsels gilt das Ende des Wirtschaftsjahres, welches dem “Optionsjahr” unmittelbar vorangeht; die Möglichkeit einer Umwandlung mit steuerlicher Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Das steuerbilanzielle Eigenkapital der Personengesellschaft wird dem steuerlichen Einlagekonto der Kapitalgesellschaft zugeschlagen. Im Rahmen des Formwechsels soll ein nachversteuerungspflichtiger Betrag gem. § 34a EStG aufgedeckt werden.
Rechtsfolgen der Option auf Gesellschafterebene
Nach § 1a Abs. 3 KStG werden auf Gesellschafterebene bei Ausübung der Option die gängigen Rechtsfolgen gezogen, sodass z.B. durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einnahmen als verdeckte Gewinnausschüttungen und z.B. von der Gesellschaft gezahlte Zinsen, Mieten etc. als solche und nicht mehr als Sondervergütungen zu versteuern sind.
Rückkehr zur transparenten Besteuerung
§ 1a Abs. 4 KStG regelt eine sog. Rückoption, mit der die Gesellschaft beantragen kann, künftig nicht mehr wie eine Kapitalgesellschaft sowie ihre Gesellschafter nicht mehr wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft behandelt zu werden. In zeitlicher Hinsicht soll der Antrag vor Beginn des Wirtschaftsjahres erfolgen, ab dem die Besteuerung wieder nach dem Transparenzprinzip erfolgen soll.
Die Rückoption gilt wiederum als Formwechsel gem. § 9 UmwStG und kann ebenfalls nicht rückwirkend erfolgen.
Die Folgen der Rückoption sollen auch ohne Antrag eintreten, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen; dies kann lt. Begründung insb. dann der Fall sein, wenn aus der Personenhandelsgesellschaft eine GbR wird oder im Geschäftsleitungsstaat keine Körperschaftsteuerpflicht mehr besteht.
Da eine Ausübung der Option für Einzelunternehmer nicht vorgesehen ist, wird ebenfalls angeordnet, dass beim Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters die Gesellschaft als aufgelöst gilt. Für den Fall, dass der letzte Gesellschafter in den persönlichen Anwendungsbereich des UmwStG fällt, auf diesen als umgewandelt; ist der persönliche Anwendungsbereich nicht eröffnet, wird eine Liquidation entsprechend § 11 KStG angeordnet.
Gewerbesteuer
Gemäß § 2 Abs. 8 GewStG-E ist die optierende Gesellschaft auch gewerbesteuerlich als Kapitalgesellschaft und ihre Gesellschafter ebenfalls wie die nicht persönlich haftenden Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft zu behandeln.
Weitere Folgeänderungen
In den §§ 17 und 20 EStG werden ebenfalls entsprechende Folgeänderungen geregelt.
2. Internationalisierung des Umwandlungsteuerrechts
Durch das Gesetz soll der persönliche Anwendungsbereich des UmwStG zum Teil auf Drittstaatenfälle erweitert werden. Dies betrifft Umwandlungen unter Beteiligungen von Körperschaften als übertragendem Rechtsträger (Zweiter bis Fünfter Teil des UmwStG). Aus diesem Grund wird § 1 Abs. 2 UmwStG ersatzlos gestrichen.
Im Zuge dessen sollen § 12 Abs. 2 und 3 KStG ebenfalls abgeschafft und § 8 Abs. 1 Nr. 10 AStG aufgrund der Änderungen des persönlichen Anwendungsbereichs in § 1 UmwStG angepasst werden.
Daher kann die
- Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft bzw. natürliche Person oder der Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft (§ 3 ff. UmwStG),
- Verschmelzung oder Spaltung unter Kapitalgesellschaften (§§ 11 bis 15 UmwStG) oder
- Auf- oder Abspaltung auf eine Personengesellschaft (§ 16 UmwStG)
in räumlicher Hinsicht nicht nur in EU/EWR-, sondern auch in Drittstaatenfällen erfolgen. Der sachliche Anwendungsbereich (§ 1 Abs. 1 UmwStG) bleibt dabei unverändert. Eine Vergleichbarkeit mit einer inländischen Umwandlung iSd UmwG ist weiterhin erforderlich.
Von der Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs auf Drittstaatenfälle ist der Sechste bis Achte Teil des UmwStG (§§ 20 bis 25 UmwStG) nicht erfasst. Hier soll die derzeit in § 1 Abs. 4 UmwStG enthaltene Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs unverändert bestehen bleiben, da lt. Begründung eine aufkommensneutrale einheitliche Regelung (Sicherung des Besteuerungsrechts auf der zweiten Ebene über § 22 UmwStG hinaus) mit Einschränkungen für Einbringende aus EU/EWR-Staaten gegenüber der geltenden Rechtslage verbunden wäre. Aufgrund des Wegfalls von § 1 Abs. 2 UmwStG wird § 1 Abs. 4 UmwStG-E, der hinsichtlich der Anforderung an den persönlichen Anwendungsbereich auf Abs. 2 verweist, angepasst.
Die Änderungen im UmwStG sind erstmals auf Umwandlungen anzuwenden, deren steuerlicher Übertragungsstichtag nach dem 31.12.2021 liegt.
3. Einlagelösung als Ersatz für organschaftliche Ausgleichsposten
Allgemeines
Im Bereich der körperschaftsteuerlichen Organschaft sieht der Entwurf einen Wechsel bei der Behandlung von Minder-/Mehrabführungen vor, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben (organschaftliche Minder-/Mehrabführungen). An die Stelle des bisherigen Konzepts der organschaftlichen Ausgleichsposten soll die sog. Einlagelösung treten. Nach § 14 Abs. 4 KStG in seiner derzeit geltenden Fassung ist in der Steuerbilanz des Organträgers für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen der Organgesellschaft ein besonderer aktiver oder passiver Ausgleichsposten in Höhe des Betrags zu bilden, der dem Verhältnis der Beteiligung des Organträgers am Nennkapital der Organgesellschaft entspricht.
Neufassung des § 14 Abs. 4 KStG
Künftig sollen organschaftliche Minderabführungen nach § 14 Abs. 4 Satz 1 und 2 KStG-E als Einlage durch den Organträger in die Organgesellschaft und Mehrabführungen der Organgesellschaft als Einlagenrückgewähr der Organgesellschaft an den Organträger gelten. Damit mindern bzw. erhöhen sie unmittelbar den Beteiligungsansatz in der Steuerbilanz des Organträgers. Wie bisher auch sollen Minder- oder Mehrabführungen insb. dann vorliegen, wenn der an den Organträger abgeführte handelsbilanzielle Gewinn vom Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist (§ 14 Abs. 4 Satz 3 KStG-E). Organschaftliche Minder- und Mehrabführungen sollen dabei als in dem Zeitpunkt erfolgt gelten, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet (§ 14 Abs. 4 Satz 4 KStG-E).
Während organschaftliche Ausgleichsposten nur im Verhältnis der Beteiligungsquote zu bilden waren, sollen Minderabführungen in voller Höhe zu einer Einlage und Mehrabführungen in voller Höhe zu einer Einlagenrückgewähr führen.
Anpassungen in § 27 KStG
§ 27 Abs. 1 Satz 3 KStG-E sieht einen Direktzugriff auf das steuerliche Einlagekonto im Falle von organschaftlichen Mehrabführungen vor. Anders als in vororganschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen stellen in organschaftlicher Zeit verursachte Mehrabführungen daher grundsätzlich nicht Beteiligungserträge dar.
Zudem soll in § 27 Abs. 6 Satz 2 KStG-E festgelegt werden, dass organschaftliche Mehrabführungen das steuerliche Einlagekonto vorrangig vor anderen Leistungen mindern.
Anwendungs- und Übergangsvorschriften
Erstmalige Anwendung
§ 14 Abs. 4 und § 27 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 6 KStG-E sollen erstmals auf Minder- und Mehrabführungen anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 erfolgen, wobei hinsichtlich des Zeitpunkts der Minder- und Mehrabführungen auf das Ende des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft abzustellen ist (§ 34 Abs. 6e Sätze 5 und 6 KStG-E).
Übergang zur Einlagelösung
Beim Organträger noch bestehende Ausgleichsposten für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen, die nach Maßgabe des § 14 Abs. 4 KStG in seiner aktuellen und bis 31.12.2021 geltenden Fassung in der Steuerbilanz gebildet wurden, sollen in dem Wirtschaftsjahr aufzulösen sein, das nach dem 31.12.2021 endet (§ 34 Abs. 6e Satz 7 KStG-E nennt als Stichtag den 31.12.2020; dies scheint ein redaktioneller Fehler zu sein, vgl. auch Begründung zum Referentenentwurf auf Seite 28). Die Auflösung aktiver Ausgleichsposten soll nach § 34 Abs. 6e Satz 8 KStG-E zu einer Erhöhung, die Auflösung passiver Ausgleichsposten zu einer Minderung des Beteiligungsbuchwerts der Organbeteiligung in der Steuerbilanz des Organträgers führen.
Soweit ein passiver Ausgleichsposten die Summe aus dem aktiven Ausgleichsposten und dem Buchwert der Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft übersteigt, soll ein Beteiligungsertrag vorliegen, auf den das Teileinkünfteverfahren (§§ 3 Nr. 40 und 3c Abs. 2 EStG) sowie § 8b KStG Anwendung finden (§ 34 Abs. 6e Sätze 9 und 10 KStG-E).
Wahlrecht zur Bildung einer gewinnmindernden Rücklage
Ein anlässlich des Übergangs zur Einlagelösung ggf. entstehender Beteiligungsertrag soll alternativ in eine gewinnmindernde Rücklage eingestellt werden können (§ 34 Abs. 6e Sätze 11 ff. KStG-E). Die Rücklage soll grundsätzlich im Wirtschaftsjahr der Bildung und in den neun folgenden Wirtschaftsjahren zu jeweils einem Zehntel gewinnerhöhend aufzulösen sein. Die Rücklage ist in vollem Umfang gewinnerhöhend aufzulösen, wenn die Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft veräußert wird. Der Veräußerung gleichgestellt sind dabei insbesondere die Umwandlung der Organgesellschaft auf eine Personengesellschaft oder eine natürliche Person, die verdeckte Einlage der Beteiligung an der Organgesellschaft und die Auflösung der Organgesellschaft. Auf den Auflösungsbetrag sind das Teileinkünfteverfahren sowie § 8b KStG anzuwenden.
4. Fremdwährungsverluste bei § 8b KStG
Der Entwurf sieht darüber hinaus vor, dass durch eine Kapitalgesellschaft erlittene Währungskursverluste aus einer Darlehensforderung oder vergleichbaren Position gegenüber einer anderen Körperschaft, an der sie zu mehr als 25 % beteiligt ist oder war, zukünftig nicht mehr gem. § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG vom Abzug ausgeschlossen werden.
Das Gleiche soll für Wechselkursverluste gelten, die bei nahestehenden Personen des Gesellschafters entstehen, sowie für Wechselkursverluste im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme durch sog. rückgriffsberechtigte Dritte (§ 8b Abs. 3 Satz 5 KStG).
Nach § 34 Abs. 5 Satz 1 KStG-E soll § 8b Abs. 3 Satz 6 KStG-E erstmals für Gewinnminderungen iSd § 8b Abs. 3 Satz 4 und 5 KStG anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2021 eintreten.
Update (24. März 2021)
Das Bundeskabinett hat in seiner heutigen Sitzung einen Gesetzesentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts beschlossen.