Festsetzung von Quellensteuer auf fiktive Zinsen bei zinslosen Darlehen verstößt nicht gegen EU-Recht
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem bulgarischen Fall entschieden, dass das EU-Recht nationalen Rechtsvorschriften nicht entgegensteht, die eine Quellensteuer auf fiktive marktübliche Zinsen (die nach den nationalen Vorschriften zur Bekämpfung der Steuervermeidung vorgeschrieben sind), unter Bezugnahme auf zinslose Darlehen berechnet wurden.
Eine solche Quellensteuer könne nicht nach den Regelungen der sogenannten Zinsrichtlinie (EU-Richtlinie über Zinsen und Lizenzgebühren 2003/49/EG) und der PSD (EU-Richtlinie 2011/96/EU über Mutter- und Tochtergesellschaften) befreit werden, da keine tatsächlichen Zahlungen von Zinsen erfolgt sind.
Art. 63 AEUV zur Regelung über den freien Kapitalverkehr ist nach Ansicht der Europarichter in Verbindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die bei einem zinslosen Darlehen, das einer gebietsansässigen Tochtergesellschaft von ihrer gebietsfremden Muttergesellschaft gewährt wird, die Quellenbesteuerung der fiktiven (marktgerechten) Zinsen vorschreibt, wenn dabei der Bruttobetrag dieser Zinsen zugrunde gelegt wird und die mit dem Darlehen zusammenhängenden Ausgaben in diesem Stadium nicht abgezogen werden können, sondern in der Folge ein entsprechender Antrag auf Neuberechnung der Quellensteuer und etwaige Erstattung gestellt werden muss. Dies alles vorausgesetzt, das Erstattungsverfahren dauert nicht übermäßig lange und die zu erstattenden Beträge werden verzinst.
Fundstelle
EuGH-Urteil vom 24. Februar 2022, Rechtssache C- 257/20, Viva Telecom Bulgaria.
Eine englische Zusammenfassung dieses Urteils finden Sie hier.