Neue De-minimis-Verordnungen: Höhere Schwellenwerte, Unternehmensverbundbetrachtung und mehr Transparenz

Zum 1. Januar 2024 sind die beiden neuen De-minimis-Verordnungen der EU-Kommission in Kraft getreten. Sie ersetzen die bisherige allgemeine De-minimis-Verordnung und die De-minimis-Verordnung für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI). Die beiden Verordnungen (VO (EU) 2023/2831 und VO (EU) 2023/2832) gelten bis zum 31.12.2030. Die de-minimis-Verordnungen stellen geringfügige Beihilfen von der Notifizierungspflicht an die EU-Kommission frei und sind zwei der praxisrelevantesten Rechtsgrundlagen im EU-Beihilfenrecht.

Verfasst von Dr. Simone Merkl

Wesentliche Änderungen

Die Reform führt insbesondere zur Erhöhung der Höchstgrenzen sowie zur Verschärfung der bislang geltenden Transparenzvorschriften.

Die Änderungen der De-Minimis-Verordnung:

  • Der Schwellenwert für De-minimis-Beihilfen wird von 200.000 € auf 300.000 € in drei Jahren angehoben.
  • Die Mitgliedsstaaten müssen ab dem 01.01.2026 alle von ihnen gewährten de-minimis-Beihilfen in einem zentralen Register auf nationaler oder EU-Ebene erfassen. Anzugeben sind dort: Beihilfeempfänger, Beihilfebetrag, Tag der Gewährung, Bewilligungsbehörde, Beihilfeinstrument und betroffener Wirtschaftszweig. Dies soll der EU-Kommission die Kontrolle der Beihilfengewährungen erleichtern und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen reduzieren.
  • Unternehmen in Schwierigkeiten (UiS) sind nicht mehr vom Geltungsbereich der De-minimis-Verordnung ausgeschlossen und können grundsätzlich Beihilfen erhalten.

Die Änderungen der DAWI-De-minimis-Verordnung:

  • Für DAWI-De-minimis Beihilfen wird der Schwellenwert von 500.000 € auf 750.000 € in drei Jahren angehoben.
  • Neu ist, dass mit der Reform auch bei DAWI-De-minimis-Beihilfen von nun an eine Unternehmensverbundbetrachtung erforderlich ist. D.h. der Schwellenwert von 750.000 € gilt jetzt für alle miteinander verbundenen Unternehmen. Allerdings ist in der Verordnung ausdrücklich festgehalten, dass Unternehmen, die DAWI erbringen und deren einzige Beziehung untereinander darin besteht, dass jedes von ihnen eine direkte Verbindung zu denselben öffentlichen Einrichtungen oder denselben Einrichtungen ohne Erwerbszweck aufweist, nicht als miteinander verbunden eingestuft werden. So soll der besonderen Situation von Unternehmen Rechnung getragen werden, die der Kontrolle derselben öffentlichen Einrichtungen oder derselben Einrichtungen ohne Erwerbszweck unterliegen, aber möglicherweise über unabhängige Entscheidungsbefugnisse verfügen.
  • Auch die DAWI-De-minimis-Beihilfen müssen von Mitgliedsstaaten ab dem 01.01.2026 in einem zentralen Register erfasst werden und können an UiS gewährt werden.

Kumulierung

De-minimis-Beihilfen dürfen mit DAWI-De-minimis-Beihilfen kumuliert werden. Neu ist, dass es keine Beschränkung mehr auf den DAWI-De-minimis Höchstbetrag gibt, d.h. es dürfen insgesamt 1.050.000 € gewährt werden.

Bei einer Kumulierung mit Beihilfen nach der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) und dem DAWI-Freistellungsbeschluss sind die Höchstgrenzen in Bezug auf Beihilfeintensität und Beihilfebetrag weiterhin zu beachten.

Fazit und Praxishinweis

Die Anhebung der einzelnen Schwellenwerte ist zwar zu begrüßen. Da die bisherigen Grenzen schon vor 10 Jahren festgelegt wurden, stellt sich die nunmehrige Anhebung überwiegend eher als Inflationsausgleich für die Vergangenheit dar.

Wegen der derzeit bestehenden Inflation wird der größere Spielraum in der Praxis jedoch vermutlich kaum spürbare Erleichterung bringen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer mehr Förderprogramme auf die De-minimis-Verordnung gestützt werden und damit das De-minimis-Volumen im Unternehmensverbund schnell erschöpft sein dürfte. Positive Auswirkungen wird deshalb v.a. die Kumulierungsmöglichkeit von De-minimis- und DAWI-De-minimis-Beihilfen bis zu einem Betrag von rd. 1.050.000 Mio. € haben.

Es empfiehlt sich, laufend auf ein De-minimis-Beihilfen-Monitoring, insbesondere in Unternehmensverbundkonstellationen zu achten, weil es nun bei beiden Verordnungen auf den Unternehmensverbund ankommt.

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