Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes in Abstimmung zwischen Bund und Ländern
Das BMF hat den Ländern einen Diskussionsentwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes zur Abstimmung übersandt. Dieser soll hier in seinen wesentlichen Punkten vorgestellt werden, auch wenn der Entwurf im Abstimmungsprozess noch Änderungen erfahren oder gar gänzlich scheitern kann.
Der Entwurf beinhaltet eine umfassende Neuausrichtung bei der Besteuerung sog. Share Deals sowie grundlegende Anpassungen und Verbesserungen bei der Gewährung von Steuervergünstigungen für Umstrukturierungen im Konzern sowie für Grundstücksübertragungen zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern.
Der Großteil des Entwurfs basiert auf dem seit einiger Zeit in der Fachwelt diskutierten Vorschlag zur Modernisierung des Grunderwerbsteuerrechts des Arbeitskreises Grunderwerbsteuerrecht des Instituts für Steuerrecht an der Universität Leipzig.
Daneben ist in dem Entwurf vorgesehen, den Bundesländern die Befugnis einzuräumen, für den Erwerb eines Grundstücks durch natürliche Personen zu eigenen Wohnzwecken einen ermäßigten Steuersatz einzuführen.
Das Gesetz soll zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Besteuerung von Share Deals
Die Besteuerung von Share Deals soll einheitlich und rechtsformneutral in einem neuen § 1a GrEStG geregelt werden. Dieser sieht die Besteuerung von Anteilserwerben vor, die zu einer Vereinigung der Gesamtheit (d.h. 100 %) der Anteile an einer Grundstücksgesellschaft führen. Die bisher in § 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG geregelten Ergänzungstatbestände sowie in der Folge auch die erst mit dem Jahressteuergesetz 2022 in § 16 Abs. 4a GrEStG eingeführte Regelung zur Beseitigung einer möglichen Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer in den sog. "Signing/Closing“-Fällen sollen aufgehoben werden.
Beobachtungszeiträume und feste Beteiligungsquoten (wie derzeit von 90 %) sind in § 1a GrEStG nicht vorgesehen. Steuerumgehungsmöglichkeiten sollen durch Regelungen zur sog. „Erwerbergruppe“ und zum sog „dienenden Interesse“ unterbunden werden. Anstelle eines einzelnen Anteilserwerbers soll auch eine aus mehreren Personen bestehende Erwerbergruppe besteuert werden können, wenn diese durch miteinander abgestimmte Erwerbe die Gesamtheit der Anteile erwerben. Eine Abstimmung soll bereits bei einem sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang der Anteilsübergänge unterstellt werden.
Bei der Bestimmung der Gesamtheit der Anteile bleiben neben von der Gesellschaft gehaltene eigene Anteile auch solche Anteile unberücksichtigt, die andere Personen im Interesse des Erwerbers oder einer Erwerbergruppe halten. Für die Frage, wann ein solches sog. „dienendes Interesse einer Person“ vorliegen kann, enthält der Entwurf mehrere Regelbeispiele (z.B. bei beschränkten Gesellschafterrechten oder der Vereinbarung von Fest- oder Mindestvergütungen).
Erfüllen mehrere Erwerber denselben Erwerbsvorgang (Beteiligungskette), ist nur der in der Beteiligungskette oberste Erwerber maßgebend. Entsprechendes gilt bei mehreren denselben Erwerbsvorgang erfüllenden Erwerbergruppen. Gibt es für denselben Erwerbsvorgang einen Erwerber und eine Erwerbergruppe, ist Ersterer maßgebend.
Erstmals vorgesehen sind in dem Entwurf gesetzliche Vorschriften zu der in der Praxis häufig mit Problemen behafteten Frage, welcher Gesellschaft die betroffenen Grundstücke zuzurechnen sind. Dies soll grundsätzlich nur diejenige Gesellschaft sein, die das Grundstück zuletzt im Rahmen eines Erwerbsvorgangs im Sinne des § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat, wobei eine Zurechnung auch zu einer Gesellschaft erfolgen soll, die die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat (in diesem Fall Doppelzurechnung).
Daneben enthält der Entwurf in einem neuen § 1b GrEStG erstmals auch Bestimmungen zu Sondervermögen im Sinne des § 1 Abs. 10 KAGB und vergleichbaren Investmentvermögen in Vertragsform nach ausländischem Recht. Diese sollen künftig als Grundstücksgesellschaften gelten und damit in die Besteuerung einbezogen werden können, wenn ihnen zum Zeitpunkt der Verwirklichung eines Erwerbsvorgangs ein Grundstück zuzurechnen ist. Ein Grundstück ist auch einem Sondervermögen zuzurechnen, wenn es vermögensrechtlich für dieses (bspw. durch die Verwaltungsgesellschaft, der das Grundstück zuzurechnen ist) gehalten wird (Doppelzurechnung). Den Vorschriften für Sondervermögen entsprechende Regelungen sieht der Entwurf auch für haftungs- und vermögensrechtlich voneinander getrennte Teile eines Investmentfonds vor.
Schuldner der Grunderwerbsteuer sollen der maßgebende Erwerber bzw. die Mitglieder der maßgebenden Erwerbergruppe sowie ggf. vermittelnde (d.h. zwischengeschaltete) Gesellschaften sein. Zur Sicherung des Steueraufkommens sollen in einem neuen § 13a GrEStG eine persönliche Haftung der Grundstücksgesellschaft und eine dingliche Haftung des Grundstücks eingeführt werden: Die Grundstücksgesellschaft selbst kann bei unvollständiger oder nicht fristgerechter Anzeige des Erwerbsvorgangs als Haftungsschuldnerin herangezogen werden. Die Grunderwerbsteuer soll als öffentliche Last auf dem/den der Grundstücksgesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs zuzurechnenden Grundstück(en) ruhen.
Die Steuerschuldner trifft die Pflicht zur Anzeige des Vorgangs nach § 19 Abs. 1 GrEStG, wobei die Anzeigefrist nun einheitlich einen Monat umfasst. Zeigt einer der o.g. Steuerschuldner den Vorgang an, sind die weiteren Steuerschuldner von der Anzeigepflicht befreit. Die Anzeigen nach § 19 GrEStG sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung – also elektronisch – zu übermitteln. Zur Vermeidung unbilliger Härten können sie im Einzelfall aber auch nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben werden.
Steuervergünstigungen im Zusammenhang mit Gesellschaften
An die Stelle der sog. grunderwerbsteuerlichen Konzernklausel (§ 6a GrEStG) sowie der Steuervergünstigungen für Übergänge auf eine Gesamthand (§ 5 GrEStG) und für Übergänge von einer Gesamthand (§ 6 GrEStG) soll ein neu gefasster § 5 GrEStG treten, der Begünstigungen für drei separate Tatbestände enthält. Mit den Regelungen des neuen § 5 Abs. 2 und 3 GrEStG wird zugleich dem Problem begegnet, dass die bisherigen §§ 5 und 6 GrEStG (Grundstücksübergänge von einer bzw. auf eine Gesamthand) wegen des weitgehenden Wegfalls des Gesamthandbegriffs infolge des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10. August 2021 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2024 weitgehend ins Leere laufen würden.
Nach dem neu gefassten § 5 Abs. 1 GrEStG (Nachfolgeregelung zu § 6a GrEStG – Umstrukturierungen im Konzern) werden Erwerbsvorgänge von der Steuer ausgenommen, wenn sich der bestimmende Einfluss einer Person über das Grundstück durch diesen Erwerbsvorgang nicht ändert. Bestimmender Einfluss soll dann vorliegen, wenn der Person das Grundstück zuzurechnen ist oder sie die – in einer Beteiligungskette oberste – Person ist, bei der sich die Gesamtheit der Anteile an der Grundstücksgesellschaft vereinigen. Damit wären zukünftig alle Übertragungen innerhalb eines 100 %-Konzerns begünstigt, ohne dass es auf die Art der Übertragung (Asset oder Share Deal, Kaufvertrag oder Umwandlung) oder die darauf anzuwendende Rechtsordnung (EU/EWR-Recht oder Drittstaatenrecht) oder auf Vor- oder Nachbehaltensfristen ankommt.
Der neu gefasste § 5 Abs. 2 GrEStG (Nachfolgeregelung zu § 5 GrEStG – Übergänge auf eine Gesamthand) regelt, dass die Steuer auf Übergänge von Grundstücken von mehreren Miteigentümern oder einem Alleineigentümer auf ihre bzw. seine Gesellschaft (teilweise) nicht erhoben wird. Voraussetzung ist das Einhalten einer fünfjährigen Vorbehaltenszeit. Ob es sich bei der Gesellschaft um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt, ist unerheblich.
Entsprechend soll in § 5 Abs. 3 GrEStG (Nachfolgeregelung zu § 6 GrEStG – Übergänge von einer Gesamthand) eine teilweise Steuerbefreiung für Übergänge von Grundstücken von einer Gesellschaft in das Miteigentum ihrer Gesellschafter bzw. das Alleineigentum eines Gesellschafters geregelt werden. Voraussetzung ist hier das Einhalten einer fünfjährigen Nachbehaltenszeit. Auch in diesem Fall ist die Rechtsform der Gesellschaft nicht von Bedeutung.
Für den Fall, dass vor dem 1. Januar 2024 Begünstigungen nach §§ 5, 6 oder 6a GrEStG in der derzeit gültigen Fassung zur Anwendung kamen, für die zu diesem Zeitpunkt noch Nachbehaltensfristen laufen, sind in § 23 Abs. 27 und 28 GrEStG Übergangsregelungen vorgesehen, die sicherstellen sollen, dass diese Fristen weiterlaufen. Es soll auch sichergestellt werden, dass allein durch den weitgehenden Wegfall des Gesamthandsvermögens durch das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vom 10. August 2021 die in §§ 5 und 6 GrEStG enthaltenen Nachbehaltensfristen nicht verletzt werden.