Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung beschlossen
Am Mittwoch, den 16. August 2023, hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung und weiterer Begleitmaßnahmen beschlossen. Offiziell veröffentlicht wurde der Entwurf hingegen erst am 17. August 2023.
Nach der Verabschiedung der Richtlinie zur Umsetzung einer globalen Mindestbesteuerung durch den Rat der EU am 15. Dezember 2022 (vgl. Newsflash vom 16. Dezember 2022) war am 20. März 2023 ein Diskussionsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durch das BMF veröffentlicht worden (vgl. Newsflash vom 20. März 2023). Nachdem umfangreiche Eingaben seitens der Verbände eingegangen waren und zudem die OECD ihre sog. Administrative Guidances im Februar 2023 erst nach verwaltungsinterner Finalisierung des Diskussionsentwurfs veröffentlicht hatte, nahm der am 10. Juli an die Verbände verschickte Referentenentwurf mit Datum vom 7. Juli 2023 diese zum Teil mit auf (vgl. Newsflash vom 10. Juli 2023).
Der Regierungsentwurf berücksichtigt nun zum einen weitere Punkte der OECD Guidances vom Februar 2023 und zum anderen die zum Referentenentwurf eingegangenen Verbandsstellungnahmen. Der von der OECD im Juli veröffentlichten weiteren Guidance trägt der Regierungsentwurf hingegen noch nicht Rechnung.
Der Regierungsentwurf zum MinStG besteht nunmehr aus 96 Paragrafen (statt 95 Paragrafen im Referentenentwurf). Daneben finden sich begleitende Änderungen in AO, FVG und nunmehr auch Anpassungen der §§ 274 (latente Steuern) sowie 285 und 314 (Anhangangaben) HGB. Hierdurch gleicht sich das HGB im Kern den IFRS an, die diesbezüglich bereits angepasst wurden.
Mit Blick auf die im Referentenentwurf noch vorgesehene Abschaffung der Lizenzschranke gemäß § 4j EStG und der Abschaffung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags ist nunmehr Folgendes vorgesehen:
1. Die Lizenzschranke soll grundsätzlich bestehen bleiben. Die dortige Niedrigsteuergrenze soll aber an die weiterhin zur Absenkung auf 15% vorgesehene Niedrigsteuergrenze für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung angeglichen werden.
2. Die Aufhebung der Gewerbesteuerpflicht des Hinzurechnungsbetrags ist nicht (!) mehr enthalten.
Wesentliche Neuerungen im Regierungsentwurf im Vergleich zum Referentenentwurf
Änderungen im MinStG
i. Staatsfonds sind keine obersten Muttergesellschaften
Im Einklang mit der OECD Guidance vom Februar ist ein Staatsfonds gemäß § 4 Abs. 3 Satz 2 MinStG-E keine oberste Muttergesellschaft. Ein Staatsfonds ist gemäß Satz 3 eine staatliche Einheit, deren Hauptzweck in der Verwaltung des Vermögens der öffentlichen Hand, einschließlich der damit verbundenen Investitionstätigkeiten, besteht.
ii. Ergänzung der Definition ausgeschlossener Einheiten
Mittels § 5 Abs. 2 Satz 2 MinStG-E wird die Definition ausgeschlossener Einheiten – wiederum in Umsetzung der OECD Guidance vom Februar 2023 – um sog. qualifizierte Tochtergesellschaften ergänzt. Qualifizierte Tochtergesellschaften sind solche, deren gesamten Eigenkapitalanteile im gesamten Geschäftsjahr von einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 3 MinStG-E fallenden Einheit (Organisation ohne Erwerbszweck) gehalten werden. Weitere Voraussetzung ist, dass im Geschäftsjahr die Summe der Umsatzerlöse der Geschäftseinheiten der Unternehmensgruppe, ausgenommen der Umsatzerlöse ausgeschlossener Einheiten im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 3 MinStG-E sowie des Satzes 1, weniger als 750 Millionen Euro und weniger als 25 Prozent der im Konzernabschluss ausgewiesenen Umsatzerlöse beträgt.
iii. Umgang mit sog. “Push-Down-Accounting”
§ 15 Abs. 1 Satz 2 MinStG-E regelt nun im Einklang mit dem Musterkommentar der OECD, dass das sog. Push-Down-Accounting”, welches im Regelfall bei Unternehmenswerben im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen auftritt, nicht berücksichtigt werden darf. Ein “Bestandsschutz” wird in Satz 2 für Konstellationen gewährt, in denen der Beteiligungserwerb vor dem 1. Dezember 2021 erfolgte und es der Unternehmensgruppe nicht möglich ist, den Mindeststeuer-Jahresüberschuss oder -Jahresfehlbetrag ausgehend vom nicht angepassten Buchwert der beim Unternehmenszusammenschluss übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden zu bestimmen.
iv. Anpassungen bei § 16 MinStG-E - Berücksichtigung des Fremdvergleichs
Der Regierungsentwurf nimmt die Anregung aus den Verbandsanhörungen auf, Aussagen, die sich bisher nur in der Begründung fanden, in den Gesetzeswortlaut aufzunehmen. So ist die Korrektur nach § 16 Abs. 1 Satz 1 MinStG-E bei unilateralen Verrechnungspreiskorrekturen nicht anzuwenden, wenn der nominale Steuersatz unter dem Mindeststeuersatz liegt oder wenn das betreffende Steuerhoheitsgebiet in den beiden der Verrechnungspreiskorrektur vorangehenden Geschäftsjahren ein Niedrigsteuerhoheitsgebiet war.
§ 16 Abs. 2 Satz 1 MinStG-E ordnet eine entsprechende Anwendung des § 16 Abs. 1 MinStG-E für Geschäftsvorfälle zwischen in demselben Steuerhoheitsgebiet belegenen Geschäftseinheiten an, wenn diese für Zwecke der Ermittlung des effektiven Steuersatzes getrennt zu betrachten sind (d.h. kein jurisdictional blending).
v. Korrespondierende Einstufung von FInanzinstrumenten
§ 17 MinStG-E beinhaltet eine auch in der OECD Guidance aus Februar 2023 vorgesehene Regelung, die zu einer einheitlichen Behandlung von Finanzinstrumenten auf Ebene des Emittenten und des Inhabers verpflichtet. Weicht die Einstufung des Finanzinstruments ab, ist die Einstufung des Instruments beim Emittenten auch für den Inhaber bindend.
vi. Dividendenkürzungsbetrag
In § 20 Abs. 2 Satz 2 MinStG-E wird ergänzt, dass bei zusammengesetzten Finanzinstrumenten die Kürzung nur bezogen auf den Teil der Dividende oder anderen Gewinnausschüttung erfolgt, der auf die Eigenkapitalkomponente des Instruments entfällt.
vii. Gewinne oder Verluste aus der Anwendung der Neubewertungsmethode auf Sachanlagevermögen
In § 22 MinStG-E wird das Wort “geschäftsjährlich” durch “regelmäßig” ersetzt. Damit nimmt der Regierungsentwurf den Einwand der Praxis auf, dass eine Neubewertung von Sachanlagevermögen bei nach IFRS bilanzierenden Unternehmen grds. nicht auf jährlicher Basis vorgenommen wird (bspw. bei hoher Inflation), sondern für gewöhnlich nur alle drei bis fünf Jahre.
viii. Korrekturposten Pensionsaufwand
Die Vorschrift des § 25 MinStG-E verwendet nunmehr sowohl in Satz 1 als auch in Satz 2 den Begriff der Pensionseinheit, der in § 7 Abs. 27 MinStG-E definiert wird.
Eine Pensionseinheit ist hiernach zum einen gegeben, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtung im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 8 KStG handelt. Zum anderen ist diese bei einer Einrichtung gegeben, die errichtet und betrieben wird, um ausschließlich oder fast ausschließlich Altersversorgungsleistungen und Zusatz- oder Nebenleistungen für Einzelpersonen zu verwalten oder zu erbringen, die als solche einer staatlichen Regulierung unterliegen oder deren Leistungen durch nationale Vorschriften gesichert oder anderweitig geschützt sind und finanziert werden durch einen Pool von Vermögenswerten, der über eine Treuhandeinrichtung oder einen Treuhänder gehalten wird, um die Erfüllung der entsprechenden Pensionsverpflichtungen im Falle der Insolvenz der Unternehmensgruppe zu gewährleisten.
Zudem umfasst der Terminus “Pensionseinheit” auch den in § 7 Abs. 26 MinStG-E definierten Begriff der Pensions-Dienstleistungseinheit. Diese liegt dann vor, wenn Finanzmittel zugunsten einer Pensionseinheit angelegt werden oder Hilfs- und Nebentätigkeiten zu den regulierten Tätigkeiten einer Pensionseinheit ausgeübt werden, vorausgesetzt, die Dienstleistungseinheit gehört zur selben Unternehmensgruppe.
ix. Steuerliche Zulagen
§ 27 MinStG-E enthält in seinem Abs. 1 einige Klarstellungen zur Behandlung steuerlicher Zulagen. Anerkannte steuerliche Zulagen dürfen nicht im Betrag der angepassten Steuern erfasst werden. Nicht anerkannte steuerliche Zulagen dürfen nicht als Erträge behandelt werden und sind im Betrag der angepassten Steuern zu erfassen. Abs. 2 wurde um einen Satz ergänzt, nach dem nicht anerkannte steuerliche Zulagen Steuergutschriften sind, die keine anerkannten steuerlichen Zulagen, aber ganz oder teilweise auszahlbar sind.
x. Steuererklärungspflicht, Steuerentrichtungspflicht
Der eingefügte § 91 Abs. 1 Satz 7 MinStG-E verpflichtet alle Geschäftseinheiten sowie Joint Venture und Joint-Venture Tochtergesellschaften der steuererklärungspflichten Geschäftseinheit gegenüber zur Erteilung der zur Erstellung der Steuererklärung benötigten Auskünfte.
xi. Übergangsregelung bei untergeordneter internationaler Tätigkeit
Nach dem neuen § 80 Abs. 1 Satz 2 MinStG-E gilt die Übergangsregelung nicht mit Blick auf einen Primärergänzungssteuerbetrag, soweit dieser auf einem von einer ausländischen Geschäftseinheit zuzurechnenden Steuererhöhungsbetrag beruht.
Änderungen im HGB im Zusammenhang mit dem MinStG
Nachdem im Rahmen der IFRS bereits eine Regelung getroffen wurde, nach der die Effekte der globalen Mindestbesteuerung auf latente Steuern außer Betracht zu lassen sind, sieht der Regierungsentwurf nunmehr ebenso eine Anpassung des § 274 HGB vor. So sind bei der Ermittlung latenter Steuern Differenzen außer Betracht zu lassen, die sich entweder aus dem deutschen MinStG oder einem ausländischen MinStG ergeben, welches der Umsetzung der Vorgaben der EU-Richtlinie oder der OECD-Mustervorschriften dient.
Ferner regelt die neue Nr. 30a des § 285 HGB, dass im Anhang Angaben zum tatsächlichen Steueraufwand oder Steuerertrag, der sich nach dem deutschen und ausländischen MinStG für das Geschäftsjahr ergibt, zu machen sind. Zudem soll eine Erläuterung etwaiger Auswirkungen der Anwendung des deutschen MinStG und ausländischer MinStG auf die Kapitalgesellschaft aufgenommen werden. Gleiches wird für den Konzernanhang in § 314 HGB in einer neuen Nr. 22a geregelt.
Anzuwenden sind die Neuregelungen in den §§ 285 und 314 für Geschäftsjahre, die nach dem 30. Dezember 2023 enden, sodass für Jahres- und Konzernabschlüsse die auf den 31. Dezember 2023 aufgestellt werden, bereits eine Anhangangabe aufzunehmen sein könnte.