Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020)

Bundestag verabschiedet Jahressteuergesetz 2020

Am 16. Dezember 2020 hat der Bundestag das Jahressteuergesetz 2020 verabschiedet. Der Bundesrat wird dem Gesetz am 18. Dezember 2020 seine finale Zustimmung erteilen.

Das Gesetz enthält notwendige Anpassungen an das EU-Recht und die Rechtsprechung des EuGH sowie gesetzgeberische Reaktionen auf ergangene BFH-Rechtsprechung. Daneben soll mit dem Gesetz dem in diversen Einzelsteuergesetzen entstandenen technischen Regelungsbedarf Rechnung getragen werden. Ferner sind Maßnahmen für mehr Digitalisierung (insbesondere die Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets) und zur Bekämpfung von Steuergestaltungen vorgesehen.

Der Finanzausschuss des Bundestages hatte dem Bundestag in seiner Beschlussempfehlung zahlreiche Änderungen bzw. Ergänzungen im Vergleich zum Regierungsentwurf vom 2. September 2020 (siehe unseren Blogbeitrag) vorgeschlagen, die teilweise Vorschläge des Bundesrates aufgreifen.

Im Folgenden werden die wesentlichen Inhalte des JStG 2020 zusammenfassend dargestellt. Abweichungen der finalen Beschlussfassung ggü. dem Regierungsentwurf sind kursiv dargestellt.

Änderungen im EStG

§ 3 Nr. 11a EStG: Verlängerung der Zahlungsfrist für die im Rahmen des (Ersten) Corona-Steuerhilfegesetzes eingeführten Steuerbefreiung von Corona-Sonderzahlungen bis zum 30. Juni 2021.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG: Einführung einer Pauschale für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung (Home-Office) i.H.v. 5 EUR/ Kalendertag, höchstens jedoch 600 EUR im Wirtschafts- oder Kalenderjahr, für Fälle, in denen kein häusliches Arbeitszimmer vorliegt oder auf einen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Sätze 1 und 2 EStG verzichtet wurde und die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ausschließlich in der häuslichen Wohnung ausgeübt und keine außerhalb der häuslichen Wohnung belegene Betätigungsstätte aufgesucht wird; die „Home-Office-Pauschale“ ist für nach dem 31.12.2019 und vor dem 1.1.2022 in der häuslichen Wohnung ausgeübte Tätigkeiten anzuwenden, § 52 Abs. 6 Satz 13 EStG.

§ 7g EStG: Neugestaltung der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen: Die Anspruchsvoraussetzungen werden mit Wirkung für Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen, die in nach dem 31. Dezember 2019 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden, wie folgt geändert:

  • Investitionsabzugsbeträge und Sonderabschreibungen können auch für vermietete begünstigte Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden.
  • Der Anteil der nach § 7g EStG begünstigten Investitionskosten wird von 40% auf 50% der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten angehoben.
  • Es gilt eine für alle Einkunftsarten einheitliche Gewinngrenze i.H.v. 200.000 EUR.

Verwendung von Investitionsabzugsbeträgen bei Personengesellschaften: Abweichend von der Rechtsprechung des BFH (Beschluss v. 15.11.2017, VI R 44/16, vgl. unseren Blogbeitrag) ist die Hinzurechnung von Investitionsabzugsbeträgen bei Personengesellschaften und Gemeinschaften nach § 7g Abs. 7 Satz 2 f. EStG nur in dem Vermögensbereich zulässig, in dem der Abzug erfolgt ist. Die Regelung ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2020 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.

§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG: Anhebung der Freigrenze für Sachbezüge von derzeit 44 EUR auf 50 EUR mit erstmaliger Anwendung für den VZ 2022 bzw. - beim Steuerabzug vom Arbeitslohn - auf Vorteile, die in einem nach dem 31.12.2021 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31.12.2021 zugewendet werden, Art. 34 Abs. 5b JStG 2020 (Inkrafttreten nach Art. 50 Abs. 7 JStG am 1.Januar 2022).

§ 8 Abs. 4 EStG: „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ erbrachte Arbeitgeberleistungen: Gesetzliche Festschreibung der im BMF-Schreiben vom 5. Februar 2020 vertretenen Verwaltungsauffassung zur Zusätzlichkeitsvoraussetzung in Reaktion auf die geänderte Rechtsprechung des BFH (vgl. unseren Blogbeitrag) mit erstmaliger Anwendung auf Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse), die in einem nach dem 31. Dezember 2019 endenden Lohnzahlungszeitraum oder als sonstige Bezüge nach dem 31. Dezember 2019 zugewendet werden.

Auf Bestreben des Finanzausschusses des Bundestages wurde die in § 8 Abs. 4 EStG vorgesehene Zusätzlichkeitsvoraussetzung um einen § 8 Abs. 4 Satz 2 EStG ergänzt, nach dem auch dann von einer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachten Leistung auszugehen ist, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder auf Grund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage (wie Einzelvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, Gesetz) einen Anspruch auf diese hat.

§ 20 Abs. 4a Satz 5 EStG: Neufassung bei Zuteilung von Aktien: Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vereinfachungsregelung bei Zuteilung von Anteilen nach § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG auf die Zuteilung von Anteilen durch ausländische Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen und Streichung der Voraussetzung, wonach die Regelung nur anzuwenden ist, wenn die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags nicht möglich ist; die Neuregelung ist für die Zuteilung von Anteilen anzuwenden, wenn diese nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt und die die Zuteilung begründenden Anteile nach dem 31. Dezember 2008 angeschafft worden sind.

§ 20 Absatz 4a Satz 3 EStG: Beschränkung des Andienungsrechts i.S.d. § 20 Absatz 4a Satz 3 EStG auf Wertpapiere i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG mit Wirkung für die Andienung von Wertpapieren, die nach dem 31. Dezember 2020 erfolgt, § 52 Abs. 28 Satz 19 EStG.

§ 20 Abs. 6 Sätze 5 und 6 EStG: Anhebung der verrechenbaren Verluste aus Termingeschäften und dem Forderungsausfall von derzeit 10.000 EUR auf 20.000 EUR mit Anwendung auf Verluste die nach dem 31. Dezember 2020 (Termingeschäfte) bzw. 31. Dezember 2019 (Forderungsausfall) entstehen, § 52 Abs. 28 Sätze 24 und 25 EStG.

§ 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG: Beschränkung der Verrechenbarkeit von Verlusten aus Kapitalvermögen mit tariflich besteuerten Einkünften: Anwendung grds. auf Kapitalerträge, die nach dem 31. Dezember 2020 erzielt werden; auf Kapitalerträge aus Darlehen an die Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, deren rechtliche Grundlage vor dem 1.Januar 2021 begründet wurde, findet die Regelung ab Veranlagungszeitraum 2024 Anwendung.

§ 32d Abs. 5 Satz 1 EStG Vorrangige Anwendung von § 20 InvStG (Teifreistellung) bei der Berechnung des Höchstbetrags der anrechenbaren ausländischen Steuer: Anwendung ab Veranlagungszeitraum 2021.

§ 50 Abs. 1a EStG: Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für Pflichtbeiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen für beschränkt Steuerpflichtige: Gesetzliche Umsetzung des EuGH-Urteils in der Rechtssache C-480/17 ("Montag") zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG für Pflichtbeiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen für beschränkt Steuerpflichtige; bisher geregelt durch das BMF-Schreiben vom 26. Juni 2019 (§ 50 Abs. 1a EStG, vgl. unseren Blogbeitrag); Anwendung auf Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen, die nach dem 31. Dezember 2020 geleistet werden.

§ 3 Nr. 28a EStG: Steuerbefreiung von Zuschüssen des Arbeitgebers zum (Saison-)Kurzarbeitergeld: Verlängerung der mit dem (Ersten) Corona-Steuerhilfegesetz (vgl. unseren Blogbeitrag) in § 3 Nr. 28a EStG eingeführten Steuerbefreiung von Zuschüssen des Arbeitgebers zum (Saison-)Kurzarbeitergeld um 1 Jahr bis zum 31. Dezember 2021; die Steuerfreiheit gilt damit für Lohnzahlungszeiträume, die nach dem 29. Februar 2020 beginnen und vor dem 1. Januar 2022 enden.

§ 111 Abs. 1 Satz 4 EStG: Einführung einer Regelung zur Verzinsung (entsprechende Anwendung des § 233a Abs. 2a AO) bei einem vorläufigen Verlustrücktrag nach dem im Rahmen des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes (vgl. unseren Blogbeitrag) eingefügten § 111 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Änderungen im GewStG

§ 8 Nr. 8 Satz 2 GewStG: Ausnahmetatbestand für Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie für Pensionsfonds: Anwendung erstmals für den Erhebungszeitraum 2020, § 36 Abs. 1 GewStG.

§ 36 Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 Satz 1 GewStG: Einführung einer Anwendungsregelung (erstmalige Anwendung für den Erhebungszeitraum 2017) zu § 7 Satz 7 (gewerbesteuerliche Behandlung von Hinzurechnungsbeträgen nach § 10 AStG) und § 9 Nr. 3 GewStG (gewerbesteuerliche Kürzung bei ausländischen Betriebsstätten); bisher waren die mit dem Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen eingeführten Regelungen nach der seinerzeitigen Fassung der Anwendungsbestimmung in § 36 Absatz 1 GewStG ab dem Erhebungszeitraum 2016 anzuwenden, obwohl das Gesetz vom 20. Dezember 2016 insoweit erst am 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist.

§ 10a Satz 10 ff. GewStG: Einführung einer Regelung zur entsprechenden Anwendung der §§ 8c und 8d KStG auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge mit Anwendung auch für Erhebungszeiträume vor 2020, § 36 Abs. 5a GewStG.

Weitere wesentliche Änderungen

Änderungen des GrEStG: U.a. Ergänzung der §§ 5 Abs. 3 und 6 Abs. 3 GrEStG um eine „Bestandsschutzregelung“ für gewährte Steuervergünstigungen mit Blick auf den bevorstehenden Brexit mit Anwendung auf Erwerbsvorgänge, die nach dem 31. Januar 2020 verwirklicht werden.

Änderungen der AO und des EGAO: Abschaffung des Antragserfordernisses mit Blick auf die Führung und Aufbewahrung von elektronischen Aufzeichnungen oder Teilen davon in einem anderen Mitgliedstaat der EU; es muss diesbezüglich lediglich sichergestellt sein, dass der Datenzugriff nach § 146b Abs. 2 Satz 2, § 147 Abs. 6 AO und § 27b Abs. 2 Satz 2 und 3 des UStG in vollem Umfang möglich ist (§ 146 Abs. 2a AO); mit Blick auf eine Buchführungsverlagerung in Drittstaaten soll die erforderliche Antragstellung künftig auch elektronisch möglich sein (§ 146 Abs. 2b AO).

Änderungen des UStG und der UStDV:

  • Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG (Reverse-Charge-Verfahren) auf Telekommunikationsdienstleistungen an sog. Wiederverkäufer; In-Kraft-Treten ab 1. Januar 2021
  • Umsetzung des sog. Mehrwertsteuer-Digitalpakets, insbesondere Erweiterung des bestehenden Mini-One-Stop-Shops zum One-Stop-Shop und Einführung eines Import-One-Stop-Shops; erstmalige Anwendung auf Umsätze, die nach dem 30.06.2021 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 32 UStG
  • erstmalige gesetzliche Regelung des Besteuerungsverfahrens für die Umsatzsteuer für die Gebietskörperschaften von Bund und Ländern selbst als Steuerpflichtige (sogenannte "dezentrale Erfassung") für die Zeit der Anwendbarkeit des § 2b UStG.

Änderungen des FZulG: Anpassung der bzw. Aufnahme von Regelungen zur Behandlung der Auftragsforschung in § 3 Abs. 4 Satz 1 und 2 FZulG; Anpassung der Regelungen zur Anrechnung der Forschungszulage in § 10 Abs. 1 Satz 2 FZulG (Anrechnung der Forschungszulage soll künftig ausdrücklich auf die nächste erstmalige Steuerfestsetzung zur ESt/KSt erfolgen; bisher wird im Gesetz auf die nächste Veranlagung zur ESt/KSt Bezug genommen); auch wird - um bestehende Zweifel an der Behandlung der FZul als steuerfreie Erstattung zu beseitigen - in § 10 Abs. 1 Satz 3 FZulG nunmehr ausdrücklich auf eine Einkommen- bzw. Körperschaftsteuererstattung abgestellt; die Regelungen sollen am 1. Januar 2020 in Kraft treten, Art. 50 Abs. 2 JStG 2020.

Inkrafttreten
Das Gesetz wird nun über die Bundesregierung dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung vorgelegt und kann anschließend im Bundesgesetzblatt verkündet werden. Das Gesetz tritt grundsätzlich am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Fundstelle

Finanzausschuss des Bundestages, Beschlussempfehlung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise, BT-Drs. 19/25160 (das Gesetz wurde vom Bundestag am 16. Dezember 2020 in der vom Finanzausschuss vorgeschlagenen Fassung verabschiedet).

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